Jeder persönlich haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft trägt das Risiko, für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit seinem Privatvermögen einstehen zu müssen. Haftungsvergütungen einer Personengesellschaft an einen persönlich haftenden Gesellschafter wurden deshalb von der Verwaltung früher nicht als etwas Besonderes angesehen und grundsätzlich als nicht steuerbar beurteilt.[1]

Der BFH teilte die Verwaltungsauffassung jedoch nicht. Er kommt zum Ergebnis, die Haftungsübernahme besitze ihrer Art nach Leistungscharakter und könne im Falle einer isolierten Erbringung Gegenstand eines steuerbaren Leistungsaustauschs zwischen Gesellschafter und Gesellschaft sein. Dementsprechend hat er entschieden, dass die Festvergütung, die der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär einer KG von dieser für seine Haftung nach §§ 161, 128 HGB erhält, als Entgelt für eine einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst, steuerbar und steuerpflichtig ist.[2]

Der Urteilsfall des BFH betraf einen geschlossenen Immobilienfonds. Die Verwaltung beschränkt das Urteil jedoch nicht nur auf Immobilienfonds. Vielmehr wendet sie das Urteil allgemein an und hat Abschn. 1.6 Abs. 6 UStAE entsprechend geändert.[3] Danach besitzen sowohl die Haftungsübernahme als auch die Geschäftsführung und Vertretung ihrer Art nach Leistungscharakter und können daher auch im Fall der isolierten Erbringung Gegenstand eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs sein.[4] Grundsätzlich hat der BFH bestätigt, dass eine Komplementär-GmbH eine einheitliche steuerpflichtige Leistung an die KG erbringt, die die Geschäftsführung, die Vertretung und die Haftung umfasst.[5]

Die Anwendung der Steuerbefreiung für Finanzgeschäfte[6] sowohl auf separate Haftungsvergütungen als auch auf einheitliche Vergütungen, die die Haftung beinhalten, lehnt die Verwaltung ab.

 
Praxis-Beispiel

Haftungsvergütung

Der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Komplementär einer KG erhält für die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung eine Festvergütung.

Die Festvergütung ist als Entgelt für die einheitliche Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst, umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig. Weder die Geschäftsführung und Vertretung noch die Haftung nach §§ 161, 128 HGB haben den Charakter eines Finanzgeschäfts i. S. d. § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG. Die einheitliche Leistung des Komplementärs ist somit insgesamt umsatzsteuerpflichtig zum allgemeinen Steuersatz von 19 %.

Die neuen Grundsätze waren zwar grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden. Aufgrund einer Übergangsregelung[7] hatte es die Verwaltung jedoch nicht beanstandet, wenn eine gegen Sonderentgelt erbrachte isolierte Haftungsübernahme vor dem 1.1.2012 als nicht steuerbar behandelt wurde. Die Übergangsregelung galt jedoch nicht für Fälle, in denen der persönlich haftende Gesellschafter gegenüber der Personengesellschaft außerdem umsatzsteuerbare Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen erbracht hat.

Bei einer Haftungsübernahme/Geschäftsführung einer Komplementär-GmbH und einer Zahlung der GmbH & Co. KG hierfür kann ein steuerbarer Leistungsaustausch auch dann vorliegen, wenn die GmbH für ihre Leistung eine kombinierte Vergütung aus einem Festbestandteil und einem ergebnisabhängigen Teil erhält.[8]

[2] BFH, Urteil v. 3.3.2011, V R 24/10, BStBl 2011 II S. 950; kritisch hierzu Behrens, NWB Heft 33/2011, S. 2772; Stadie, UR 2011, S. 569; Merzrath, DStR 2011, S. 1203.
[4] Abschn. 1.6 Abs. 6 UStAE in der aktuellen Fassung.
[5] OFD Karlsruhe, Verfügung v. 15.8.2018, S 7100/2, DB 2018 S. 2214, DStR 2018 S. 2434, MwStR 2018 S. 948, UR 2019 S. 37.

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