OFD Frankfurt, Verfügung v. 24.5.2016, S 7105 A - 22 - St 110
1. Gesetzliche Grundlagen
Rechtsgrundlage für die umsatzsteuerliche Organschaft ist § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG. Hiernach wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist, Abschn. 2.8 Abs. 1 Satz 1 UStAE.
Organträger und Organgesellschaft bilden das Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG, die Umsätze der Organgesellschaft werden dem Organträger zugerechnet. Der Organträger ist Steuerschuldner aus allen von den im Organkreis verbundenen Unternehmensteilen bewirkten Umsätzen.
2. Entscheidung über das Vorliegen einer Organschaft
Hinsichtlich des Vorliegens einer Organschaft kann zwischen den Finanzämtern des Organträgers und der Organgesellschaft nur einheitlich entschieden werden. Im Rahmen einer Erörterung der Umsatzsteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wurde daher abgestimmt, dass bezüglich des Vorliegens einer Organschaft die Beurteilung durch das Finanzamt des Organträgers maßgeblich ist.
Damit die materiell-rechtliche Beurteilung zutreffend erfolgen kann, ist es bereits in diesem Stadium erforderlich, einen möglichst umfassenden Informationsaustausch zwischen den beteiligten Finanzämtern bzw. Veranlagungsbezirken herbeizuführen.
3. Bestimmung des Beginns der Organschaft
Die Organschaft beginnt in dem Zeitpunkt, in dem sämtliche Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG erfüllt sind. Zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen vgl. Abschn. 2.8 UStAE. Ab diesem Zeitpunkt sind auch die steuerlichen Konsequenzen zu ziehen. So ist für alle Unternehmensteile des Organkreises nur eine Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. -Erklärung unter der Steuernummer des Organträgers abzugeben und damit nur eine Umsatzsteuerfestsetzung durchzuführen. Umsätze zwischen den Unternehmensteilen stellen nicht steuerbare Innenumsätze dar.
Wurde die Existenz der Organschaft nicht erkannt oder wurde eine Organschaft angenommen, obwohl die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht vorgelegen haben, sind die steuerlichen Folgerungen grundsätzlich auch für die Vergangenheit zu ziehen.
Es bestehen jedoch keine Bedenken, wenn eine Rückabwicklung aus Vereinfachungsgründen im Einvernehmen mit den Beteiligten nicht durchgeführt wird, sofern dem keine materiell-rechtlichen Gründe entgegenstehen bzw. die Steuererhebung nicht gefährdet ist und keine Rechtsbehelfsverfahren wegen USt-Festsetzungen gegenüber der Organgesellschaft anhängig sind.
4. Erkennen einer Organschaft
Sofern die Steuerpflichtigen nicht selbst auf eine bestehende Organschaft hinweisen, muss das Finanzamt anhand der vorgelegten Unterlagen erkennen, ob eine Organschaft vorliegt bzw. Ermittlungen anstellen, die zur Klärung des Sachverhalts führen.
Im Veranlagungsbezirk, der den Organträger steuerlich führt, ist insbesondere dann eine umsatzsteuerliche Organschaft zu prüfen, wenn eine Betriebsaufspaltung vorliegt.
Im Veranlagungsbezirk der Organgesellschaft ist in den Gesellschaftsverträgen der juristischen Person nach Hinweisen zu forschen, die ein Vorliegen der Eingliederungsmerkmale wahrscheinlich machen. Dies sind die Beteiligungsverhältnisse (finanzielle Eingliederung), die Geschäftsführung (organisatorische Eingliederung) und der Gesellschaftszweck (wirtschaftliche Eingliederung).
5. Informationsaustausch
Von zentraler Bedeutung für die Überprüfung der Angaben des Organträgers in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen und -Erklärungen ist es, den Veranlagungsbezirk, der den Organträger steuerlich führt, in die Lage zu versetzen, Umsätze und Vorsteuern möglichst genau verproben zu können.
Daher hat der Veranlagungsbezirk den Organträger auf dessen erhöhte Mitwirkungspflicht beim Vorliegen einer Organschaft, ggf. sogar im Zusammenhang mit einer Betriebsaufspaltung, hinzuweisen. Diesen erhöhten Mitwirkungspflichten kann der Organträger durch die Einreichung von Kopien der Gewinnermittlungen der Organgesellschaft(en) gerecht werden.
Der Veranlagungsbezirk, der die Organgesellschaft(en) steuerlich führt, hat ständig Kontakt mit dem Veranlagungsbezirk des Organträgers zu halten und diesem unaufgefordert laufend die Organschaft betreffende, relevante Informationen zukommen zu lassen. Insbesondere sind die Gewinnermittlungen der Organgesellschaft(en) zu kopieren und zu übersenden. Mindestens ist jedoch dem Veranlagungsbezirk des Organträgers eine Ablichtung der Gewinn- und Verlustrechnung zur Verfügung zu stellen.
Darüber hinaus ist eine enge Zusammenarbeit gegenüber anderen Stellen notwendig. Dies betrifft die Erstellung von Prüfungsvorschlägen, die aufeinander abzustimmen sind, sowie die kassentechnische Abwicklung der Organschaft und evtl. Maßnahmen durch die UStSt.
Nur bei einem Zusammenwirken aller betroffenen Stellen kann eine gleichmäßige und gesetzmäßige Umsatzbesteuerung auch bei einer Or...