Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz ist mit Wirkung zum 1.7.2013 eine Steuerbefreiung für rechtliche Betreuungsleistungen eingeführt worden. Allerdings hatte der BFH während des Gesetzgebungsverfahrens festgestellt, dass sich eine Steuerbefreiung unter bestimmten Voraussetzungen direkt aus der MwStSystRL ableiten lässt. Die Finanzverwaltung wendet die Rechtsprechung des BFH an und gewährt in allen noch offenen Fällen die Steuerbefreiung. Darüber hinaus nimmt die Finanzverwaltung grundsätzlich zu den neuen Steuerbefreiungsmöglichkeiten Stellung.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Zum 1.7.2013 sind durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz rechtliche Betreuungsleistungen von der Umsatzsteuer befreit worden. Darunter fallen Leistungen von
- Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1896 Abs. 1 BGB bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1908i Abs. 1 i. V. m. § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden und
- Einrichtungen, die als Vormünder nach § 1773 BGB oder als Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1835 Abs. 3 BGB vergütet werden.
Der Begriff der Einrichtung erfasst alle Arten von leistenden Unternehmern, sowohl juristische Personen, Personengemeinschaften als auch natürliche Personen.
Allerdings hatte der BFH – während des Gesetzgebungsverfahrens – entschieden, dass sich ein nach § 1896 BGB bestellter Berufsbetreuer unmittelbar für die Befreiung seiner Leistung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen kann. Danach können Betreuer sich auch für die Zeiträume vor dem 1.7.2013 unmittelbar auf die Steuerbefreiung nach dem Gemeinschaftsrecht berufen.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Die Finanzverwaltung nimmt zu den neuen Steuerbefreiungstatbeständen des § 4 Nr. 16 Buchst. k und des § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchst. c UStG Stellung und greift die Rechtsprechung des BFH auf.
Nach § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG steuerfreie Leistungen führen Einrichtungen aus, denen die rechtliche Betreuung nach § 1896 BGB durch Betreuungsbeschluss übertragen worden ist. Insbesondere fallen damit Leistungen unter die Steuerbefreiung, die von Vereinsbetreuern und Betreuungsvereinen sowie von Berufsbetreuern ausgeführt werden.
Nicht unter die Steuerbefreiung fallen aber – sowohl nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung wie auch nach der Rechtsprechung des BFH – die Leistungen, die die Betreuer im Rahmen ihrer eigentlichen beruflichen Tätigkeit ausführen. So sind z. B. Rechtsberatungsleistungen von als Betreuer bestellten Rechtsanwälten oder Steuerberatungsleistungen von als Betreuer bestellten Steuerberatern nicht steuerfrei.
Auch Vormünder und Ergänzungspfleger führen steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 25 Satz 3 Buchst. c UStG aus.
Die Ergänzungspflegschaft kann sich auf die gesamte Personen- oder Vermögenssorge oder auf einzelne Angelegenheiten dieser Bereiche beziehen.
Sonstige Pflegschaften nach dem BGB werden allerdings nicht von der Steuerbefreiung erfasst. Solche dann steuerpflichtigen Leistungen im Zusammenhang mit Pflegschaften sind insbesondere:
- Abwesenheitspflegschaft für abwesende Volljährige nach § 1911 BGB;
- Nachlasspflegschaft nach §§ 1960ff. BGB;
- Sammlungspflegschaft nach § 1914 BGB;
- Pflegschaften für einen unbekannten Beteiligten nach § 1913 BGB;
- Pflegschaft für eine Leibesfrucht nach § 1912 BGB;
- Verfahrenspfleger und Verfahrensbeistände.
Breiten Raum nehmen in dem Schreiben des BMF die Aussagen zu der aus der Rechtsprechung ermöglichten rückwirkenden Berufung auf die Steuerbefreiung nach dem Gemeinschaftsrecht für die vor dem 1.7.2013 ausgeführten Leistungen ein. Obwohl der BFH in seinem Urteil nur zu den Berufsbetreuern eine Aussage getroffen hat, ermöglicht es die Finanzverwaltung, dass sich auch die bestellten Vormünder und Ergänzungspfleger in allen noch offenen Fällen auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g und h MwStSystRL berufen können.
Da die steuerfreien Betreuungsleistungen aber den Vorsteuerabzug ausschließen, sind damit im Zusammenhang stehende Eingangsleistungen – soweit sich die Unternehmer rückwirkend für die Steuerbefreiung entscheiden – dann auch rückwirkend vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Nicht unmittelbar einzelnen Ausgangsleistungen zuzurechnende Ausgaben müssen nach § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden.
Hat der Betreuer – soweit er sich rückwirkend auf die Steuerbefreiung beruft – in der Vergangenheit Umsatzsteuer für seine Ausgangsleistungen in Rechnungen ausgewiesen, stellt sich das Problem des unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 UStG bzw. das Problem der Rechnungsberichtigung. Die Finanzverwaltung unterscheidet in ihrem Schreiben dabei danach, wem gegenüber die Leistung ausgeführt wird:
- Wurde ein Vergütungsantrag gegenüber dem zuständigen Gericht gestellt, ist die Rechtsfolge des § 14c Abs. 1 UStG ausgeschloss...