Leitsatz
Liefert ein Verkäufer Waren über die Internetseite der Amazon Services Europe s.a.r.l. (Amazon) im Rahmen des Modells "Verkauf durch Händler, Versand durch Amazon" (auch "fulfillment by amazon" bzw. "Paneuropäischer Versand durch Amazon"), ist Leistungsempfänger der Warenlieferung des Verkäufers nicht Amazon, sondern der Endkunde, dem die Verfügungsmacht am Gegenstand der Lieferung verschafft wird.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 6, § 3c UStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine B.V. mit Sitz in den Niederlanden, verkaufte ihre Produkte im Online-Handel innerhalb der gesamten EU. Dazu besitzt sie ein niederländisches Lager in X. Der Verkauf an deutsche Kunden erfolgt jedoch zum überwiegenden Teil über die Internetseiten von Amazon entsprechend dem "Amazon Services Europe Business Solutions Vertrag". Dabei wurden die Waren im Streitzeitraum auf drei verschiedene Weisen angeboten:
- Verkauf und Versand durch die Klägerin
- Verkauf durch die Klägerin, Versand durch Amazon
- Verkauf und Versand durch einen dritten Unternehmer.
Wurde die Option "Verkauf durch die Klägerin, Versand durch Amazon" gewählt, wurde den Kunden als "Info" zum Verkäufer der Firmenname der Klägerin, deren niederländische Rechtsform, deren Handelsregister-Nummer, deren niederländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowie deren niederländische Adresse angezeigt.
Im Rahmen der Option "Verkauf durch die Klägerin, Versand durch Amazon" sendet die Klägerin ihre Waren aus den Niederlanden an diverse Logistikzentren von Amazon in der EU. Diese lagerten die Ware ein und stellten diese zum Verkauf an die Endkunden bereit. Der Verkauf findet ausschließlich über die Internetseiten von Amazon und deren Verkaufsprogramm statt, wie auch der Versand der Waren ohne Einwirkung der Klägerin an den Endabnehmer und Privatkunden nach den Vorstellungen und dem Versandstatus des Amazon-Programms erfolgt. Etwaige Rücksendungen unterlagen ebenfalls den Programmbindungen von Amazon. Nach der vertraglichen Vereinbarung über das Inkasso durch Amazon ist nicht nur die Einziehung des Kaufpreises, sondern auch die Einziehung von Umsatzsteuer durch Amazon vorgesehen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie im Streitzeitraum steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an Amazon ausgeführt habe. Leistungsempfänger ihrer Warenlieferungen seien nicht die Endkunden, sondern Amazon mit Sitz in Luxemburg.
Das FA folgte dieser Auffassung nicht, sondern unterwarf die Umsätze an deutsche Endkunden der deutschen Umsatzsteuer zum ermäßigten Steuersatz.
Die Vorinstanz (FG Düsseldorf, Urteil vom 11.10.2019, 1 K 2693/17 U) wies die Klage ab. Es entschied, die Klägerin habe unter Einschaltung von Amazon als Fulfillment-Dienstleister Lieferungen an deutsche Endkunden ausgeführt. Soweit die Ware von der Klägerin zuvor in ein deutsches Logistikzentrum verbracht worden sei, sei die Lieferung an deutsche Kunden steuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 6 UStG. Leistungsempfänger seien die Endkunden.
Soweit die Klägerin Ware aus den Niederlanden in ein deutsches Logistikzentrum von Amazon verbracht habe, habe sie damit ein innergemeinschaftliches Verbringen verwirklicht. Dieses innergemeinschaftliche Verbringen in den Niederlanden sei dort gemäß der dem deutschen § 6a Abs. 2 UStG vergleichbaren Vorschrift steuerfrei. Im Inland (§ 3d Satz 1 UStG) finde ein innergemeinschaftlicher Erwerb (§ 1a UStG) statt, bei dem die Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtigt sei (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG).
Soweit Waren der Klägerin in ein Amazon-Logistikzentrum in einem anderen Mitgliedstaat der EU verbracht worden seien, seien die Lieferungen aus den anderen Mitgliedstaaten nach Deutschland aufgrund der Versandhandelsregelung (§ 3c Abs. 1 Satz 1 UStG) in Deutschland steuerpflichtig.
Das Verbringen der Ware aus den Niederlanden in die anderen Mitgliedstaaten der EU habe zunächst zu einem innergemeinschaftlichen Verbringen in den Niederlanden mit sich daran anschließenden innergemeinschaftlichen Erwerben in den anderen Mitgliedstaaten der EU geführt. Die Lieferungen der Waren an die deutschen Endkunden seien jedoch nicht in den anderen Mitgliedstaaten der EU steuerbar und steuerpflichtig, sondern gemäß § 3c UStG in Deutschland. Die privaten Abnehmer der Klägerin gehörten zu dem in § 3c Abs. 2 UStG genannten Personenkreis. Da die Klägerin keine Angaben zur Aufteilung der Umsätze gemacht, sondern nur den Gesamtumsatz beziffert habe, sei angesichts der Höhe der Gesamtumsätze trotz der gegenteiligen Behauptung der Klägerin davon auszugehen, dass die Lieferschwellen überschritten wurden.
Entscheidung
Der BFH ließ die Revision nicht zu.
Hinweis
1. Da im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nur darüber zu entscheiden ist und entschieden wird, ob Zulassungsgründe vorliegen, enthalten sie nur äußerst selten Rechtssätze zu Rechtsfragen des materiellen Steuerrechts.
2. Mit dem Besprechungsbeschluss wird gleichwohl ausnahmsweise ein (eher kleiner und "klarer") Teilaspekt die zahlreichen umsatzsteuerrechtlichen ...