Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Bei der Rückabwicklung von Bauträgerfällen aufgrund der geänderten Verwaltungsauffassung zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers schuldet der Bauträger in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 und 2 UStG solange die Umsatzsteuer, bis er diese an den Bauunternehmer gezahlt hat.
Sachverhalt
Die klagende Bauträgerin folgte für die Streitjahre 2011 bis 2013 der damaligen Verwaltungsauffassung, nach der Bauträger in der Regel als Bauleister i. S. d. § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG, § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG Umsatzsteuerschuldner für ihre bezogenen Bauleistungen seien (anstatt des Leistenden). Nach dem BFH-Urteil v. 22.8.2013 (Az. V R 37/10), dagegen sind echte Bauträger i. d. R. keine Bauleister, so dass sie die Umsatzsteuerschuld nicht nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG schulden. Im Anschluss an das oben genannte Urteil des Bundesfinanzhofs forderte die Klägerin die danach - ihrer Ansicht nach - zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer nach § 13b UStG für die Leistungsjahre 2011 bis 2013 zurück. Gegebenenfalls ergeben sich auch beträchtliche Erstattungszinsen nach § 233a AO zugunsten des Bauträgers.
Das Finanzamt verweigerte die Erstattung der Umsatzsteuer nach § 13b UStG für die Leistungsjahre 2011 bis 2013 an die Bauträgerin.
Entscheidung
Auch nach Auffassung des Finanzgerichts kommt eine Umsatzsteuerschuld der Bauträgerin nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG nicht in Betracht, da die Klägerin selbst keine Bauleistungen erbracht hat.
Der von der Klägerin beantragte Rückforderung der Umsatzsteuer nach § 13b UStG für die Leistungsjahre 2011 bis 2013 steht jedoch nach Auffassung des Finanzgerichts der entsprechend anwendbare § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 UStG entgegen. Danach hat der Leistende die Umsatzsteuer zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für eine Leistung uneinbringlich geworden ist.
Durch die analoge Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG bleibt nach Auffassung des Gerichts die klagende Bauträgerin solange Umsatzsteuerschuldner nach § 13b UStG, bis sie den Umsatzsteuerbetrag an die leistenden Bauunternehmer gezahlt hat. Die Klägerin hat die Umsatzsteuer in den Streitjahren 2011 bis 2013 jedoch nicht an die Bauunternehmer gezahlt. Somit kann nach Auffassung des Finanzgerichts eine Erstattung der von der klagenden Bauträgerin für 2011 bis 2013 an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuer nach § 13b UStG erst in dem Jahr erfolgen, in dem die Bauträgerin die (dann vom Leistenden an das Finanzamt geschuldete) Umsatzsteuer an den Leistenden überwiesen hat (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG). Da dies in der Regel erst im Besteuerungszeitraum 2016 erfolgt, kämen die von den Bauträgern "angestrebten" Erstattungszinsen für die Leistungsjahre 2011 bis 2013 nicht zustande.
Hinweis
Das Finanzgericht Baden-Württemberg folgt damit der vom BFH im Aussetzungsverfahren geäußerten Meinung (BFH, Beschlüsse v. 27.1.2016, V B 87/15 und v. 23.5.2016, V B 20/16). Die Verwaltung zahlt deshalb derzeit die Umsatzsteuern nach § 13b UStG nicht an die Bauträger aus.
Eine andere Auffassung vertritt jedoch das Finanzgericht Münster. Danach fällt die Rückforderung der § 13b Umsatzsteuerforderung in das Leistungsjahr (Urteile v. 15.3.2016, 15 K 1553/15 U, 15 K 3669/15 U). Gegen dieses Urteil ist Revision eingelegt worden (Az beim BFH V R 24/16 und V R 16/6). Im Interesse der Praxis ist zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof seine endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit bald trifft.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.05.2016, 1 K 3504/15