Leitsatz
1. Trotz langjähriger Verluste kann die Vornahme geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen ein gewichtiges Indiz für das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht darstellen. Diese Maßnahmen sind als geeignet anzusehen, wenn nach dem damaligen Erkenntnishorizont aus der Sicht eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Betriebsinhabers eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass sie innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zum Erreichen der Gewinnzone führen würden.
2. Eine hauptsächlich in einer Kostensenkung bestehende Umstrukturierung ist auch dann als geeignete Maßnahme anzusehen, wenn sie nur bei Außerachtlassung der Zinsen auf Verbindlichkeiten aus früheren Fehlmaßnahmen zu künftig positiven Ergebnissen führt.
3. Eine aus dem Verlustausgleich resultierende Steuerersparnis ist für sich genommen im Regelfall kein einkommensteuerrechtlich unbeachtliches Motiv im Sinn der Liebhaberei-Rechtsprechung.
Normenkette
§ 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger betrieb seit 1986 einen Handel mit Wasserfahrzeugen einschließlich Zubehör und Ersatzteilen sowie mit Tauchsportartikeln. Später erweiterte er sein Sortiment auf Kleinmaschinen (Rasenmäher) und Batterien. Der Kläger erwirtschaftete von Anfang an ununterbrochen hohe Verluste, die sich bis 1997 auf rd. 5,7 Mio. DM summierten.
Nach einer Außenprüfung erkannte das Finanzamt die Verluste ab 1992 mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr an. Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Die Revision des Klägers hatte insoweit Erfolg, als der BFH die Vorentscheidung aufhob und die Sache an das FG zurück verwies.
Entscheidung
Dem FG sei zwar darin zu folgen, dass der Betrieb des Klägers bei objektiver Sicht nicht zur Erzielung eines Totalgewinns geeignet gewesen sei. Jedoch reichten die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG entgegen dessen Auffassung nicht zu einer abschließenden Würdigung darüber aus, ob der Kläger die Verlust bringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden Gründen und Neigungen ausgeübt habe. Dazu müsse bei dem hier zu beurteilenden Betrieb, der keine Nähe zum Hobbybereich aufweise, positiv festgestellt werden können, dass der Steuerpflichtige den Betrieb nur aus persönlichen – einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen – Motiven fortgeführt habe.
Bei der Beantwortung dieser Frage könnten die Reaktionen des Klägers auf die längere Verlustperiode die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen. Das FG werde daher prüfen müssen, ob die vom Kläger behaupteten Umstrukturierungsmaßnahmen tatsächlich vorgenommen und aus damaliger (objektiver) Sicht Erfolg versprechend gewesen seien.
Zu Unrecht habe das FG die aus dem Verlustausgleich resultierende Steuerersparnis als Beweisanzeichen für das Vorliegen einkommensteuerrechtlich unbeachtlicher Motive gewertet. In der bisherigen Rechtsprechung sei die Steuerersparnis nur dann tragend als persönliches Motiv für die Hinnahme der Verluste herangezogen worden, wenn es sich um Verlustzuweisungsgesellschaften gehandelt habe (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 11.12.1997, IV R 86/95, BFH/NV 1998, 950). Hingegen habe die Rechtsprechung bisher in keinem Fall die Möglichkeit der Verrechnung "echter" – den Steuerpflichtigen wirtschaftlich belastender – Verluste als schädliches privates Motiv angesehen.
Hinweis
1. Seit dem grundlegenden Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.6.1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, 751 (unter C.IV.3.c bb) entspricht es der ständigen Rechtsprechung sämtlicher Ertragsteuersenate des BFH, dass bei Tätigkeiten, die nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet sind, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen, allein das Erzielen langjähriger Verluste noch keinen zwingenden Schluss auf das Fehlen der inneren Tatsache "Gewinnerzielungsabsicht" zulässt. Vielmehr muss bei längeren Verlustperioden aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die Verlust bringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 26.2.2004, IV R 43/02, BStBl II 2004, 455, BFH-PR 2004, 260).
Da eine Betriebsführung, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten, ein starkes Beweisanzeichen für das Vorliegen von Gewinnerzielungsabsicht darstellt, kann aus der Vornahme geeigneter – betriebswirtschaftlich sinnvoller – Umstrukturierungen bei einem bisher verlustträchtigen Betrieb auf das Vorhandensein von Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 29.4.1999, III R 38/97, BFH/NV 1999, 1510, unter II.2.).
2. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Schuldzinsen für im früheren Gewerbebetrieb begründete Verbindlichkeiten auch nach dem Übergang des Betriebs in den einkommensteuerrechtlich irrelevanten Bereich der Liebhaberei als nachträgliche Betriebsausgaben abzieh...