Leitsatz
1. Die freigebige Zuwendung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt ist nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. nur steuerbegünstigt, wenn der Bedachte Mitunternehmer wird.
2. Behält sich der Schenker die Ausübung der Stimmrechte auch in Grundlagengeschäften der Gesellschaft vor, kann der Bedachte keine Mitunternehmerinitiative entfalten.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F.
Sachverhalt
Der Vater (V) des Klägers war alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co. KG (KG). Die zur Geschäftsführung berufene Komplementär-GmbH, deren Alleingesellschafter der Kläger ist, war nicht am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Die Komplementär-GmbH bedarf der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bei näher definierten außergewöhnlichen Geschäften. Die Gesellschafterversammlung ist zudem u.a. zuständig für die Überwachung und Entlastung der Geschäftsführung, für die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung, für Satzungsänderungen, die Aufnahme und den Ausschluss von Gesellschaftern und die Liquidation der Gesellschaft. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst.
V übertrug im Jahr 2005 seinen Kommanditanteil unentgeltlich unter Nießbrauchsvorbehalt zu einem Viertel auf die Mutter (M) des Klägers und zu drei Viertel auf den Kläger. V sollte als Nießbrauchsberechtigter hinsichtlich der mit den Nießbrauchsrechten belasteten Kommanditanteile auch das Stimmrecht ausüben. Insofern erteilten M und der Kläger dem V Stimmrechtsvollmacht.
Das FA versagte bei der Festsetzung der Schenkungsteuer gegen den Kläger die Steuerbegünstigung nach § 13a ErbStG a.F. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG mit der Begründung ab, weil eine Mitunternehmerstellung des Klägers mangels Mitunternehmerinitiative nicht gegeben sei (FG Münster, Urteil vom 4.7.2013, 3 K 1309/12 Erb).
Entscheidung
Das sah auch der BFH so und hat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
Die Übertragung von Anteilen an einer gewerblich tätigen bzw. gewerblich geprägten Personengesellschaft gegen Nießbrauchsvorbehalt ist eine gängige Gestaltung der Vermögensnachfolge. Hier muss jedoch beachtet werden, dass Einschränkungen des Stimmrechts eines beschenkten Anteilsinhabers begünstigungsschädlich sein können. Das Besprechungsurteil verdeutlicht und präzisiert die hier zu beachtenden Grundsätze. Das Urteil ist zwar noch zu § 13a ErbStG (vor 2009) ergangen; für die derzeit geltenden Regelungen (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 13a ErbStG) gelten jedoch die gleichen Grundsätze.
1. Im Grundsätzlichen ist geklärt, dass der Erwerb eines Anteils an einer Personengesellschaft nur dann gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. (= § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F.) begünstigt ist, wenn der erworbene Anteil an einer Personengesellschaft dem Erwerber eine Mitunternehmerstellung vermittelt, der Erwerber also aufgrund des erworbenen Gesellschaftsanteils Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 16.5.2013, II R 5/12, BFH/NV 2013, 1323, BFH/PR 2013, 323).
2. Dies gilt ebenso bei einer Anteilsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt. Auch in diesem Fall muss der Erwerber Mitunternehmer werden. Dem ist nicht genügt, wenn der Gesellschafter aufgrund vertraglicher Vereinbarungen die Ausübung der Stimmrechte auf den Nießbraucher überträgt oder sich der Nießbraucher bei der Übertragung des Gesellschaftsanteils die Ausübung der Stimmrechte vorbehält.
3. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Nießbraucher die Stimmrechte umfassend überlassen werden und dies auch für Grundlagengeschäfte gilt. Zu diesen Grundlagengeschäften gehören z.B. die Feststellung des Jahresabschlusses, die Entscheidung über die Gewinnverteilung und in jedem Fall die gesellschaftsrechtlichen Grundentscheidungen, wie z.B. Satzungsänderungen, Aufnahme und Ausschluss von Gesellschaftern sowie die Liquidation der Gesellschaft.
4. Für die Beurteilung, ob der Beschenkte mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils Mitunternehmer geworden ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Übertragung an. Ob also die Beteiligten die Ausübung der Stimmrechte später ändern oder abweichend von den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen alle Entscheidungen gemeinschaftlich treffen, ist unerheblich.
5. Für die Praxis bedeutet dies, dass schon bei der Übertragung eines Gesellschaftsanteils gegen Nießbrauchsvorbehalt klare Verhältnisse hinsichtlich der Mitunternehmerstellung des Erwerbers geschaffen werden müssen. Wer als Schenker und Nießbraucher "das Heft in der Hand" behalten und in Grundlagengeschäften weiterhin allein entscheiden will, riskiert die Steuervergünstigung für den Übergang des Gesellschaftsanteils.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.5.2015 – II R 34/13