Leitsatz
Veräußert ein Mitunternehmer aufgrund einheitlicher Planung Sonderbetriebsvermögen, bevor er den ihm verbliebenen Mitunternehmeranteil unentgeltlich überträgt, steht dies der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen.
Normenkette
§ 6 Abs. 3 Satz 1, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 EStG
Sachverhalt
An einer GmbH & Co. KG waren Vater und Sohn als Kommanditisten beteiligt. Zum Sonderbetriebsvermögen des Vaters gehörten zwei Grundstücke, in denen die KG ursprünglich Ladengeschäfte unterhalten hatte. Nach Aufgabe des einen Geschäfts waren die Geschäftsräume an eine Eisdiele verpachtet worden. Das andere Geschäft wurde von einer GmbH weitergeführt, an der die KG beteiligt war und an die sie die Geschäftsräume einschließlich der Ausstattung vermietete.
Jahre später verkaufte der Vater das von der Eisdiele genutzte Grundstück an den Mieter, bevor er wenige Wochen danach seinen Kommanditanteil und das verbliebene Grundstück unter Vorbehalt eines Wohnrechts an einer zum Privatvermögen gehörenden Wohnung in dem Gebäude sowie laufender Versorgungsleistungen übertrug. Den Gewinn aus dem Verkauf des ersten Grundstücks erklärte die KG als Sonderbetriebseinnahme des Vaters.
Das FA war der Auffassung, der Vater habe seinen Mitunternehmeranteil aufgegeben, weil er ihn nicht ganz auf den Sohn übertragen, sondern zuvor in engem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang eine wesentliche Betriebsgrundlage veräußert habe. Gegen den Gewinnfeststellungsbescheid, in dem das FA den Gewinn in Höhe der stillen Reserven im Kommanditanteil und dem übertragenen Grundstück zusammen mit dem Gewinn aus der Veräußerung des anderen Grundstücks als tarifbegünstigen Aufgabegewinn des Vaters erfasst hatte, legte die KG erfolglos Einspruch ein.
Das FG Münster gab der anschließend erhobenen Klage statt (Urteil vom 9.5.2014, 12 K 3303/11 F, Haufe-Index 6990501, EFG 2014, 1369).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das Urteil des FG und wies die Revision des FA zurück. Der Vater habe seinen Mitunternehmeranteil nicht aufgegeben, sondern den nach dem Grundstücksverkauf verbliebenen gesamten Mitunternehmeranteil unentgeltlich auf den Sohn übertragen. Ob das veräußerte Grundstück – wie vom FG angenommen – schon keine wesentliche Betriebsgrundlage mehr gewesen sei, könne deshalb dahinstehen.
Hinweis
1. Mit dem Urteil lehnt es der BFH erneut ab, Gesamtplanüberlegungen auf die unentgeltliche Übertragung von Sachgesamtheiten nach § 6 Abs. 3 EStG zu erstrecken.
Bereits in seinem Urteil vom 2.8.2012, IV R 41/11 (BFH/PR 2013, 3) hatte der BFH entschieden, dass die Aufdeckung der stillen Reserven im unentgeltlich übertragenen Mitunternehmeranteil auch dann ausscheide, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des Sonderbetriebsvermögens in engem zeitlichen Zusammenhang ausgegliedert worden sei. In jenem Fall war ein Grundstück gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert in das Gesamthandsvermögen einer Schwesterpersonengesellschaft übertragen worden. Diese Entscheidung wird von der Finanzverwaltung nicht akzeptiert ("vorläufiger" Nichtanwendungserlass des BMF vom 12.9.2013, BStBl I 2013, 1164).
2. Im damals entschiedenen Fall bestand die Besonderheit, dass der BFH die Verknüpfung einer Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG mit einer zweiten Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 EStG zugelassen hatte. Im jetzt entschiedenen Fall war das Sonderbetriebsvermögen aber nicht zum Buchwert ausgegliedert, sondern unter Aufdeckung aller stillen Reserven veräußert worden. Dass die Finanzverwaltung auch in einem solchen Fall eine Buchwertübertragung des verbliebenen Mitunternehmeranteils nicht zulassen wollte, zeigt, dass Kern der Meinungsverschiedenheit nicht die Verknüpfung mehrerer Buchwertübertragungen, sondern die Vorstellung davon ist, was Gegenstand der nach § 6 Abs. 3 EStG zu übertragenden Sachgesamtheit sein muss. Die Finanzverwaltung meint, die Sachgesamtheit dürfe nicht im Zusammenhang mit der Übertragung verkleinert werden, sei es unter Abspaltung stiller Reserven, sei es unter deren Aufdeckung. Dieser Auffassung folgt der BFH nicht, indem er ausführt, für die Fortführung des Buchwerts nach § 6 Abs. 3 Sätze 1 und 3 EStG sei es ohne Bedeutung, ob und wann zuvor ein Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen zugegangen sei oder dieses verlassen habe und unter welchen Umständen und mit welchen steuerlichen Folgen dieser Vorgang stattgefunden habe.
3.Die hier vom BFH gefundenen Auslegungsergebnisse haben über § 6 Abs. 3 EStG hinaus auch Bedeutung für § 24 UmwStG. Die Buchwertfortführung wird in beiden Fällen trotz Rechtsträgerwechsels wegen fortdauernder Erzielung betrieblicher Einkünfte aus der Sachgesamtheit zugelassen. Dass beide Regelungen vergleichbar sind, lässt sich bereits den Gesetzesmaterialien zu § 6 Abs. 3 EStG entnehmen und wird im hiesigen Urteil vom BFH ausdrücklich hervorgehoben. In seinem Urteil vom 9.11.2011, X R 60/09 (BStBl II 2012, 638) hat der BFH auch bereits entschieden, dass es der Fortführung der Buchwerte nach der Ein...