Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die anderen Gesellschafter liegt bei einer ungewöhnlich niedrigen Vergütung an einen Komplementär nicht vor.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine von drei Kommanditisten einer KG. Der Sohn der Klägerin ist neben einer GmbH als weiterer Komplementär an der KG beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag hatte der Komplementär Anspruch auf eine angemessene Vergütung, deren Festsetzung durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen soll. Die Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern ergab sich nach Abzug der Geschäftsführervergütung.
Nach einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass der Komplementär eine unverhältnismäßig niedrige Vergütung erhalten würde und somit die anderen Gesellschafter dadurch bereichert wären. Es würde somit eine Schenkung unter Lebenden nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliegen. Das Finanzamt setzte daraufhin gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest.
Die Klägerin ist der Auffassung, eine Schenkung liege nicht vor, da eine solche einen Vermögenstransfer zwischen Schenker und Beschenktem erfordere. Die Erbringung von Arbeits- oder Dienstleistungen ohne Entgelt führe nicht zu einer solchen entreichernden Vermögenshingabe. Das Unterlassen der Durchsetzung einer höheren Vergütung führe nicht zu einem Vermögenstransfer und damit nicht zu einer schenkungsteuerbaren Leistung.
Entscheidung
Das FG sah die Klage als begründet an. Die gering vergütete Geschäftsführertätigkeit des Komplementärs einer Kommanditgesellschaft führt nicht zu einer freigiebigen Zuwendung an die Klägerin, die als Kommanditistin an dieser Kommanditgesellschaft beteiligt ist.
Eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einem Vermögensvorteil des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist. Im Streitfall fehlt es an einer unentgeltlichen Zuwendung.
Die Geschäftsführertätigkeit des Komplementärs ist bei der Kommanditgesellschaft Ausfluss der Gesellschafterstellung und damit keine entgeltliche Dienstleistung i.S.d. § 611 ff. BGB. Da die Geschäftsführungstätigkeit eines Komplementärs durch seine Gewinnbeteiligung abgegolten ist und darüber hinaus kein weitergehender Anspruch auf eine "fremdübliche" Vergütung besteht, bleibt kein Platz für eine vermeintliche Unangemessenheit der über die Gewinnbeteiligung hinausgehenden Geschäftsführervergütung.
Hinweis
Nach Auffassung des Gerichts ist die Geschäftsführung des Komplementärs grundsätzlich durch seinen Gewinnanteil abgegolten. Eine zusätzliche Vergütung kann sich nur aus einer Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern ergeben. Eine Zuwendung an die anderen Gesellschafter durch eine ungewöhnlich niedrige Vergütung kann sich deshalb nicht ergeben.
Zu beachten ist aber, dass in den Fällen einer überhöhten Vergütung an einen Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft sehr wohl eine willentliche Zuwendung gegeben sein kann.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 16.10.2012, 3 K 251/12