Leitsatz
§ 8b Abs. 6 Nr. 1 KStG 1999 i.d.F. bis zur Änderung durch das StSenkG, der für den Fall, dass Gewinnanteile, die von einer ausländischen Gesellschaft ausgeschüttet werden, von der Körperschaftsteuer befreit sind, vorsieht, dass ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen sind, ist unionsrechtlich ausschließlich an der Niederlassungsfreiheit zu messen, wenn sich die Freistellung der Gewinnausschüttungen unmittelbar aus einem Doppelbesteuerungsabkommen ergibt, das eine Mindestbeteiligung von 25 % voraussetzt.
Normenkette
§ 8b Abs. 6 Nr. 1 KStG 1999 i.d.F. bis zur Änderung durch das StSenkG, Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 DBA-Belgien, Art. 49, Art. 54, Art. 63 AEUV, Freundschaftsvertrag USA Art. XI Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5 Buchst. a
Sachverhalt
Die Klägerin, eine amerikanische Inc. mit (Satzungs-)Sitz in den USA und Geschäftsleitung (und einer Zweigniederlassung) in Deutschland war im Streitjahr (2001) Tochtergesellschaft zu 100 % einer anderen amerikanischen Inc. Die Klägerin war bis zum Jahr 1999 u.a. zu 99,999 % an der belgischen B S.A. (B) beteiligt, die wiederum zusammen mit anderen ausländischen Tochtergesellschaften der Klägerin 100 % der Anteile an der belgischen C S.A. (C) hielt.
Mit Vertrag vom 30.12.1999 erwarb die Klägerin von B 52,655 % der Anteile an der C. Der Kaufpreis wurde durch ein Darlehen der B finanziert. Zum 31.12.1999 hielt eine weitere 100 %ige Tochtergesellschaft der Klägerin, die D, die übrigen Anteile an C. Zum 29.12.2000 schüttete D Gewinne an die Klägerin aus und beglich einen Teil ihrer Ausschüttungsverpflichtung durch "Einlage" ihrer Beteiligung an C (47,345 %). Nach ihrer Bilanz auf den 31.12.2000 war die Klägerin damit zu 99,9 % an C beteiligt (0,1 % befanden sich im Eigentum Dritter).
Nach der Bilanz zum 31.12.2001 war die Klägerin auch weiterhin zu 99,9 % an C beteiligt; die Bewertung erfolgte mit 0 EUR (C weise nur geringfügige Posten auf und solle nur noch bis zum Abschluss der Betriebsprüfung bestehen bleiben). Ermittlungen des FA ergaben, dass im Streitjahr mit der Liquidation der C begonnen worden war, weil die Gesellschaft nicht mehr benötigt wurde. Dabei wurde das gesamte Eigenkapital der C im Streitjahr an die Klägerin ausgeschüttet.
Zunächst erfolgte eine Veranlagung, bei der die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an C berücksichtigt wurde. Später wurde die Festsetzung geändert und wurden Verluste festgestellt. Mit der Einspruchsentscheidung vertrat das FA die Auffassung, eine Teilwertabschreibung ohne außerbilanzielle Hinzurechnung in gleicher Höhe scheide aus, da nach § 8b Abs. 3 KStG 1999 i.d.F. des UntStFG (KStG 1999 n.F.) Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einem in § 8b Abs. 2 KStG 1999 n.F. genannten Anteil bereits im Streitjahr nicht mehr zu berücksichtigen seien. Das FA verwies insoweit auf das BMF-Schreiben vom 11.11.2010 (BStBl I 2011, 40), wonach § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. bereits Anwendung auf den Streitfall finde.
Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG Köln, Urteil vom 11.11.2015, 13 K 2604/11); § 8b Abs. 6 KStG 1999 i.d.F. bis zur Änderung durch das StSenkG (KStG 1999 a.F.) stehe der Berücksichtigung entgegen. Die Norm sei ungeachtet der bis zum 31.12.2001 erfolgten zahlreichen Änderungen des KStG anwendbar und sei unionsrechtmäßig.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück.
Hinweis
1. Die Entscheidung beantwortet eine nationale Rechtsfrage "ausgelaufenen Rechts", muss dabei aber aktuelle unionsrechtliche Maßgaben berücksichtigen. Es geht um die Frage, ob § 8b Abs. 6 KStG 1999 a.F. der Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an C (wirtschaftlich hier eine "Teilwertabschreibung bei steuerfreien Bezügen") entgegensteht und ob die Norm in diesem Fall gegen Unionsrecht verstößt.
2. Der BFH ordnet die Klägerin ("US-Inc.") als Körperschaftsteuersubjekt ein – jedenfalls besteht eine unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG 1999 auf der Grundlage einer typenmäßigen Vergleichbarkeit zu den Kernelementen der juristischen Person des deutschen Privatrechts.
Alsdann geht es darum, das maßgebende (nationale) Recht zu ergründen: Die nach ihrem zeitlichen Anwendungsbereich im Streitjahr eigentlich anzuwendende (für VZ ab 2001 geänderte) Norm war vom EuGH als unionsrechtswidrig qualifiziert worden (sog. STEKO-Rechtsprechung), sodass eine Anwendungssperre bestand; maßgebend war dann § 8b KStG 1999 a.F., d.h. das Gesetz i.d.F. vor der inkriminierten Änderung (s. § 34 Abs. 6d Satz 2 KStG 1999 i.d.F. des StSenkG bzw. § 34 Abs. 4 Satz 2 KStG 1999 n.F.). Ausgangspunkt waren Gewinnanteile, die von einer ausländischen Gesellschaft ausgeschüttet werden, und die "nach einem DBA, nach § 8b Abs. 4 Sätze 1 und 3 oder nach Abs. 5 von der Körperschaftsteuer befreit sind" – in diesem Fall sollten solche Gewinnminderungen, die durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts des Anteils an der ausländischen Gesellschaft entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigt werden, soweit...