Tonnagebesteuerung (§ 5a EStG) und weitere steuerliche Vergünstigungen
[Ohne Titel]
Dr. Dario Arconada Valbuena, LL.M., RA / FASt und Dipl.-Finw. Thomas Rennar
Rekordgewinne trotz Krisenumfeld, doch nahezu durchschnittlich nur 1 % Ertragsteuerlast im Reedereigewerbe – wie kann das steuerlich sein? Praktische Besonderheiten liefert hierbei die ertragsteuerliche Sondernorm zur Gewinnermittlung bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach § 5a EStG. Auch der Deutsche Bundestag hat kürzlich die thematischen Eigenheiten der Besteuerung deutscher Reeder aufgegriffen. Welche Auswirkungen sich für die Besteuerungspraxis ergeben, ist daher nachfolgend zu untersuchen.
I. Hintergrund
Die Anwendung der Sondernorm des § 5a EStG zur Gewinnermittlung nach der Tonnage setzt
- die Absicht,
- zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen,
- im internationalen Verkehr voraus.
Veräußerung eines Schiffes innerhalb der Jahresfrist: Wird der schuldrechtliche Vertrag über die Veräußerung eines Schiffes hierbei schon innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt geschlossen, zu dem erstmals alle übrigen Voraussetzungen des § 5a EStG vorlagen (Jahresfrist), spricht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass schon zu Beginn der Jahresfrist nicht die nach § 5a EStG erforderliche Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen bestand.
1. Bereederung im Inland
Neben der Geschäftsleitung im Inland ist die sog. Bereederung im Inland eine zusätzliche und eigenständige Voraussetzung.
Bereederung ...: Die Bereederung eines Handelsschiffes umfasst insbesondere folgende wesentliche Tätigkeiten:
- Abschluss von Verträgen, die den Einsatz des Schiffes betreffen,
- Ausrüstung und Verproviantierung der Schiffe,
- Einstellung von Kapitänen und Schiffsoffizieren,
- Führung der Bücher, sowie
- Rechnungslegung.
... im Inland: Diese wesentlichen Tätigkeiten der Bereederung müssen zumindest fast ausschließlich tatsächlich im Inland durchgeführt werden.
Beachten Sie: Dies gilt auch bei Delegation einzelner Aufgaben der Bereederung auf andere Unternehmen.
2. (Überwiegender) Einsatz im internationalen Verkehr
Die Entscheidung, ob ein Schiff im Wirtschaftsjahr (WJ) überwiegend im internationalen Verkehr eingesetzt war, hängt insbesondere ab von dem Anteil
- der entsprechenden Reisetage
- an der Gesamtzahl der Reisetage des Schiffes in einem WJ.
Wartezeiten des Schiffes im betriebsbereiten Zustand gelten als Reisetage.
Auswirkung unterjähriger Ereignisse auf Berechnung der Reisetage: Wurde ein Schiff im Laufe eines WJ in Fahrt gesetzt, so ist insoweit der Zeitraum von der Infahrtsetzung bis zum Schluss des WJ maßgebend. Entsprechend ist zu verfahren, wenn ein Schiff im Laufe eines WJ veräußert worden ist. Ist im Laufe eines WJ die Eintragung in einem inländischen Seeschiffsregister entfallen ohne Wechsel des wirtschaftlichen Eigentums an dem Schiff, so sind die Reisetage im internationalen Verkehr, die das Schiff bis zum Fortfall der Voraussetzung zurückgelegt hat, der Gesamtzahl der Reisetage des vollen WJ gegenüberzustellen. Entsprechendes gilt, wenn die Eintragung in einem inländischen Seeschiffsregister erst im Laufe eines WJ erfolgt.
Blick in die Statistik: Weltweit führende Container-Reedereien im Überseehandel nach Marktanteilen, 2022
Quelle: Statista
II. Steuerliche Sonderregelungen für Reedereien & Co.
Welche Steuervorteile haben deutsche Reeder (als Einzelunternehmer) und Reedereien (als Gesellschaften), deren Schiffe unter deutscher Flagge fahren, gegenüber Einzelunternehmern und Gesellschaften anderer Branchen?
Der Deutsche Bundestag hat kürzlich diese und weitere steuerliche Sonderfragen für Reeder & Co. untersucht bzw. vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages einen Sachstandsbericht zum Thema "Besonderheiten bei der Besteuerung deutscher Reeder" erstellen lassen. Vor diesem Hintergrund erfolgt ein ausgewählter Einblick in die steuerlichen Implikationen.
1. Ertragsteuerliche Sonderform zur Gewinnermittlung
Natürliche Personen unterliegen der Einkommensteuer, u.a. mit ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb. Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gilt somit der erwirtschaftete Gewinn. Als Gewinn gilt im Allgemeinen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen (BV) am Schluss des WJ und dem BV am Schluss des vorangegangenen WJ, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, ist für den Schluss des WJ grundsätzlich das BV anzusetzen, das na...