Leitsatz
Einspruch im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG ist auch ein zulässiger Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 AO. Wird über einen Antrag auf Kindergeld erst auf Untätigkeitseinspruch entschieden, ist die Familienkasse (FK) auch dann verpflichtet, dem Einspruchsführer (Ef) die durch den Untätigkeitseinspruch entstandenen Kosten nach § 77 EStG zu erstatten, wenn sie die Kindergeldfestsetzung abgelehnt hat.
Sachverhalt
Der Kläger beantragte im Januar 2008 die Festsetzung von Kindergeld für seine beiden in Polen lebenden Kinder für das Jahr 2007. Am 1.4.2008 lehnte die FK die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum August-Dezember 2007 ab. Am 23.4.2010 erhob der Prozessvertreter des Klägers Untätigkeitseinspruch bezüglich des Zeitraums Januar-Juli 2007. Am 21.6.2010 lehnte der Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für Januar 2004-Juli 2007 bzw. ab Januar 2008 ab. Am gleichen Tag erging ein Bescheid dahingehend, dass über den Untätigkeitseinspruch damit entschieden sei, eine Kostenerstattung wurde abgelehnt. Im Einspruchsverfahren hat die FK entschieden, der Einspruch sei zwar wegen der gerügten Untätigkeit erfolgreich gewesen, nicht aber bezüglich einer Kindergeldfestsetzung. Mit seiner Klage beantragt der Kläger die FK zu verpflichten, die entstandenen Kosten nach § 77 EStG zu erstatten.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die FK die entstandenen Kosten nach § 77 EStG zu erstatten hat. Einspruch im Sinne dieser Vorschrift ist auch ein sog. Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 AO. Dies entspricht bereits dem Wortlaut der Vorschrift, die keine Differenzierung trifft zwischen dem Einspruch gegen eine ablehnende Entscheidung und einem Untätigkeitseinspruch. Ob ein Einspruch Erfolg hat, ist danach zu beurteilen, ob dem Rechtsschutzbegehren des Ef abgeholfen wurde oder nicht. Im Streitfall hatte der Kläger Untätigkeitseinspruch eingelegt, um die Behörde zu veranlassen, über seinen Antrag auf Kindergeld zu entscheiden. Zwar ging es dem Kläger letztendlich darum, insoweit eine positive Entscheidung über die Gewährung von Kindergeld zu erhalten. Ziel des Untätigkeitseinspruchs an sich war jedoch, überhaupt einen, rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlangen. Diesen Bescheid hat die FK erst aufgrund des Untätigkeitseinspruchs am 21.6.2010 erlassen und damit dem Einspruchsbegehren stattgegeben.
Hinweis
Das rechtskräftige Urteil des FG zeigt, dass eine Erstattung der Kosten eines Einspruchs wegen Kindergeld nach § 77 EStG auch dann beantragt werden kann, wenn kein Kindergeld gewährt wurde, die FK den ablehnenden Bescheid aber erst nach einem Untätigkeitseinspruch erlassen hat.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2011, 7 K 3951/10 Kg