2.1 Kollision mit eigenen Interessen

Nicht tätig werden darf ein Steuerberater, wenn durch die Übernahme des Auftrags eine Kollision mit eigenen Interessen entstehen würde. Eigene Interessen können vor allem dann vorliegen, wenn der Steuerberater selbst am Unternehmen, für das der Auftrag übernommen werden soll, in irgendeiner Form, etwa als Aufsichtsratsmitglied oder weil Testamentsvollstreckung übernommen wurde (zulässig nach § 15 Nr. 6, 8 StBVV) beteiligt ist. Ob eine Interessenkollision mit eigenen Interessen vorliegt, ist anhand des Einzelfalls konkret zu prüfen. Eine rein abstrakt bestehende Interessenkollision reicht nicht aus.

Liegen tatsächlich eigene Interessen vor, die in Kollision mit den Interessen der Mandantschaft treten, darf der Auftrag nicht angenommen werden. Im Zusammenhang mit der Übernahme einer Unternehmensbewertung ist eine Kollision mit eigenen Interessen des Steuerberaters eher selten.

Entsprechendes gilt bei gemeinschaftlicher Berufsausübung, wenn die Interessenkollision mit einem Steuerberater besteht, der an der gemeinschaftlichen Berufsausübung beteiligt ist. Anders als im rechtsanwaltlichen Bereich kann die Mandantschaft eine Beratung erlauben (vgl. § 57 Abs. 1c StBerG). Voraussetzung ist, dass über das Bestehen der Interessenkollision informiert wird und dass der Beratung durch die Mandantschaft zugestimmt wird und dass geeignete Vorkehrung zur Wahrung der Verschwiegenheit getroffen werden. Die Zustimmung muss in Textform erfolgen, d. h., sie kann auch in elektronischer Form erfolgen (vgl. § 126b BGB). Diese Regelung hat vor allem praktische Bedeutung für überörtlich tätige Berufsausübungsgesellschaften, da trotz bestehender Interesssenkollision mit einer an der Gesellschaft Beteiligten das Mandat übernommen werden kann, wenn der Mandant damit einverstanden ist.

2.2 Widerstreitende Interessen bei mehreren Beteiligten

Anders als beim Verbot der Tätigkeit, wenn eigene Interessen mit denen der Mandantschaft kollidieren, ist die Rechtslage, wenn durch die Tätigkeit die Interessen mehrere am Verfahren Beteiligter betroffen sind und diese gegensätzlich sind.

Nicht erlaubt ist es- unabhängig von dem Vorliegen einer Interessenkollision – in derselben Sache mehrere daran Beteiligte unabhängig voneinander zu beraten. Ausnahmen gelten nach § 6 Abs. 2 Satz 2 BOStB, wenn

  • alle an derselben Sache Beteiligten dem Steuerberater einen gemeinsamen Auftrag erteilen
  • oder wenn alle an derselben Sache Beteiligten damit einverstanden sind, dass nur eine Person den Auftrag erteilt.

Diese Regelung soll zunächst dafür sorgen, dass es gar nicht erst zu Interessenkollisionen kommen kann. Allerdings hat auch die Gesetzgebung gesehen, dass es trotzdem häufig dazu kommen kann, dass eine Interessenkollision entsteht.

Tritt eine Interessenkollision ein, gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 2 BOStB folgendes:

Steuerberater müssen auf die widerstreitende Interessen

  1. ausdrücklich hinweisen und dürfen insoweit nur
  2. vermittelnd tätig werden (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BOStB).

    Gelingt eine vermittelnde Tätigkeit nicht, darf nicht eine Postion bevorzugt behandelt werden. Vielmehr muss zunächst die Tätigkeit eingestellt werden und ggf. sogar das Mandat niedergelegt werden. Jede Parteinahme für die Auffassung einer beteiligten Person bei Ausführung des Auftrags ist mit der Pflicht zur unabhängigen Berufsausübung nicht vereinbar.

Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen dient der Wahrung der Unabhängigkeit des Steuerberaters. Es soll vor Interessenkonflikten schützen, die aufgrund gegensätzlicher Betätigung in derselben Angelegenheit entstehen. Geschützt werden soll das Vertrauen der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Integrität der Steuerberatung und dient letztendlich auch dem Interesse der Rechtspflege.

 
Praxis-Beispiel

Fortführung des Beispiels

Der Steuerberaterin S wäre es nicht erlaubt, sich sowohl von A als auch von B mit der Erstellung einer Bewertung der GbR beauftragen zu lassen und mit beiden jeweils getrennte Auftragsverträge zu schließen.

Aber sie kann darauf hinwirken, dass sie

1. von der GbR zur Erstellung der Bewertung der GbR beauftragt wird.

In diesem Fall würde es nur eine Auftraggeberin, die GbR, geben, sodass sich die Frage der Interessenkollision zunächst nicht stellen würde.

Allerdings nur zunächst. Denn es ist denkbar, dass innerhalb der GbR keine Einigkeit darüber besteht, wie die Bewertung zu erfolgen hat. Weder A noch B haben die Mehrheit in der GbR.

Erteilen mehrere gleichberchtigte Beteiligte eines Unternehmens widersprüchliche Weisungen, darf die Steuerberaterin sich nicht einer Auffasung anschließen, sondern muss vielmehr bis zur Klärung dieser Frage die Arbeit einstellen. Lässt sich keine Einigung herbeiführen, kann daraus sogar die Verpflichtung erwachsen, das Mandat niederzulegen.

Praktisch bedeutsam ist das neben den Fällen der Unternehmensbewertung vor allem, wenn Streit über die Erstellung des Jahresabschlusses besteht, und sich niemand in dem jeweiligen Unternehmen durchsetzen kann.

Auch bei der Durchführung der Zusammenveranlagung von Eheleuten kann dies zu einem Problem werden, wenn zwischen ...

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