Kommentar
Um eine sinnvolle Unternehmenssanierung nicht durch einen Steuerzugriff zu gefährden, hat das BMF vor Jahren bestimmte Erlass- und Stundungsregelungen aufgestellt. Die OFD Magdeburg erklärt, welche Grundsätze bei der abweichenden Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags zu beachten sind.
Wird ein Unternehmen durch einen Schuldenerlass gerettet, würden die "regulären" steuerlichen Folgen dieser Tat die Sanierungsbemühungen untergraben. Denn ein Schuldenerlass führt zu einem Sanierungsgewinn (Erhöhung des Betriebsvermögens), der grundsätzlich der Besteuerung unterliegt. Damit der Steuerzugriff einer sinnvollen Sanierung nicht im Wege steht, können entsprechende Gewinne nach dem sog. Sanierungserlass des BMF unbesteuert bleiben. Der Erlass sieht für Sanierungsgewinne im Kern eine vorgezogene Verlustverrechnung, sowie die Steuerstundung und den Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen vor. Anknüpfend an diese Regelungen stellt die OFD Magdeburg mit Verfügung vom 24.11.2011 dar, welche Grundsätze daraus für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags folgen. Danach gilt:
Abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags
a) "Erste Billigkeitsregelung"
Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne steuererhöhende Besteuerungsgrundlagen bei der Steuerfestsetzung unberücksichtigt bleiben, wenn die Steuererhebung nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre. Diese abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen gilt bei der Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen nur, soweit die Bundesregierung oder eine oberste Landesfinanzbehörde hierzu in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift entsprechende Richtlinien aufgestellt hat. Die OFD weist darauf hin, dass im Sanierungserlass des BMF jedoch keine Befugnisse zur abweichenden Festsetzung vorgesehen sind.
b) "Zweite Billigkeitsregelung"
Nach § 163 Satz 2 AO können steuererhöhende Besteuerungsgrundlagen bei der Steuerfestsetzung (für Steuern vom Einkommen) erst zu einem späteren Zeitpunkt berücksichtigt werden und steuermindernde Besteuerungsgrundlagen zu einem früheren Zeitpunkt berücksichtigt werden, sofern der Steuerpflichtige zustimmt. Eine solche Maßnahme wirkt sich, soweit sie gewerbliche Einkünfte betrifft, auch auf den Gewerbeertrag als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags aus. Die OFD weist darauf hin, dass eine abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags nach dieser Billigkeitsregelung und dem Sanierungserlass nur in Ausnahmefällen denkbar ist, z. B. wenn Verluste ungeachtet von Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen sind. Die im Sanierungserlass genannten Verlustverrechnungsbeschränkungen sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags jedoch nur sehr eingeschränkt anwendbar.
Der "Durchgriff" auf die Gewerbesteuer ist nur denkbar, wenn die eingeschränkte Verlustverrechnung unselbständige Einkunftsteile ein und desselben Gewerbebetriebs erfasst und zugleich keine gewerbesteuerlichen Vorschriften der Verlustberücksichtigung entgegenstehen. Nur in diesen Ausnahmefällen wirkt sich die vorzeitige Verlustberücksichtigung bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer auch mindernd auf den Gewerbeertrag und somit den Gewerbesteuermessbetrag aus.
Information an die Gemeinde
Die OFD weist darauf hin, dass die Betriebsfinanzämter den zuständigen Gemeinden zusammen mit dem Gewerbesteuermessbescheid folgende Daten mitteilen müssen:
- die Grundlagen einer möglicherweise abweichenden Festsetzung des Gewerbeertrags
- die Höhe des Sanierungsgewinns
- die anteilige Verteilung des Messbetrags auf die einzelnen zerlegungsberechtigten
Gemeinden (in Zerlegungsfällen)
Der Umstand, dass das Betriebsfinanzamt einen Gewinn als begünstigten Sanierungsgewinn eingestuft hat, hat für die Gemeinden keine bindende Wirkung im Hinblick auf eigene mögliche Billigkeitsmaßnahmen. Jeder Gemeinde muss in eigener Zuständigkeit prüfen, ob für Zwecke der Festsetzung/Erhebung der Gewebsteuer ein begünstigter Sanierungsgewinn vorliegt und inwieweit eine sachliche und persönliche Unbilligkeit für den Gewebetreibenden gegeben ist.
Steuerlass ist nicht notifizierungspflichtig
Die OFD weist darauf hin, dass ein Steuererlass keine notifizierungspflichtige Beihilfe ist (i. S. des Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag). Das heißt: Der Erlass muss nicht bei der Europäischen Kommission angemeldet und genehmigt werden.
"Verzehr" des vortragsfähigen Gewebeverlusts
Eine vorgezogene Verlustverrechnung aus Billigkeitsgründen wirkt sich zwar nicht auf die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags durch das Finanzamt aus, jedoch auf die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts. Denn hier tritt ein Verlustverbrauch ein.
Die OFD weist darauf hin, dass die Berechnungsprogramme der Finanzverwaltung die regulären Verlustverrechnungsregeln anwenden (eingeschränkte Verlustverrechnung nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG). Eine vorzeitige Verlustverrechnung kann daher nur durch eine personelle Feststellung durch die ...