Prof. Dr. Gerd Waschbusch
5.1 Rechtsnatur
Rz. 47
Nach der Intention des Gesetzgebers handelt es sich bei den anderen Unternehmensverträgen des § 292 AktG um rein schuldrechtliche Austauschbeziehungen, die sich durch eine angemessene Gewährung von Leistungen und Gegenleistungen zwischen voneinander unabhängigen Gesellschaften auszeichnen. Tatsächlich vereinen aber die anderen Unternehmensverträge i. S. d. § 292 AktG ebenso wie die Unternehmensverträge nach § 291 AktG sowohl schuldrechtliche als auch organisationsrechtliche Elemente, weshalb auch sie dem Regime der §§ 293–299 AktG unterstellt werden. Der überwiegend schuldrechtliche Austauschcharakter der anderen Unternehmensverträge i. S. d. § 292 AktG ändert nämlich nichts an der Tatsache, dass mit ihrem Abschluss – ähnlich wie bei dem Abschluss eines Unternehmensvertrags i. S. d. § 291 AktG – oftmals schwerwiegende Eingriffe in die Unternehmensverfassung und die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft verbunden sein können. Der Gesetzgeber verzichtet allerdings bei den Unternehmensverträgen nach § 292 AktG auf die Anwendung von Schutzmechanismen zugunsten der verpflichteten Gesellschaft, ihrer Gesellschafter und ihrer Gläubiger, so wie sie bei dem Abschluss von Unternehmensverträgen nach § 291 AktG vorgesehen sind. Der Grund hierfür ist die Möglichkeit, eine angemessene Gegenleistung im Falle der Aufgabe oder Einschränkung der eigenverantwortlichen Leitung der betroffenen Gesellschaft durch die Gesellschaftsvertreter zu vereinbaren. Durch die Vereinbarung einer angemessenen Gegenleistung stellt sich die verpflichtete Gesellschaft nicht schlechter als ohne den Abschluss des Vertrags, womit auch den Interessen der außenstehenden Aktionäre sowie der Gläubiger ausreichend nachgekommen wird."Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Klassen von Verträgen besteht also darin, dass die Verträge des § 292 AktG auf äquivalente Austauschrelationen hin konzipiert sind, diejenigen des § 291 AktG dagegen nicht." Dies wird vor allem daran deutlich, dass es im Kontext der Verträge i. S. d. § 292 AktG weder zu einer Lockerung der gesetzlichen Vermögensbildung – die §§ 57, 58 AktG und § 60 AktG bleiben im Vergleich zu Verträgen nach § 291 AktG anwendbar – noch zu einer Überlagerung der alleinigen Leitungszuständigkeit des Vorstands kommt.
5.2 Gewinngemeinschaftsvertrag
5.2.1 Begriff
Rz. 48
Das Aktienrecht versteht unter dem Gewinngemeinschaftsvertrag einen Vertrag, durch den sich eine AG oder KGaA dazu verpflichtet, ihren Gewinn oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil mit dem Gewinn anderer Unternehmen oder einzelner Betriebe anderer Unternehmen zusammenzulegen. Mit dem Abschluss eines Gewinngemeinschaftsvertrags entsteht zwischen den beteiligten Unternehmen eine GbR i. S. d. §§ 705 ff. BGB. Nach dem Zusammenschütten der einzelnen Gewinne bzw. Gewinnanteile in einen gemeinschaftlichen Topf wird der zusammengelegte Gewinn nach einem frei wählbaren Schlüssel zwischen den Vertragsparteien aufgeteilt. Regelmäßig finden sich zudem in der vertraglichen Praxis zusätzliche Abreden für den Fall eines negativen Jahresergebnisses. Wird vertraglich nicht nur die Zusammenlegung von Gewinnen, sondern auch von Verlusten vereinbart, so spricht man von einem Ergebnisgemeinschaftsvertrag oder vereinfacht von einer Ergebnisgemeinschaft. Während die Ergebnisgemeinschaft von § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfasst wird, fällt die reine Verlustgemeinschaft nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift.