OFD Karlsruhe, Verfügung v. 9.12.2002, S 7104
Zur Frage, ob das Betreiben einer privaten Anlage – insbesondere einer Fotovoltaikanlage – zur Erzeugung von Strom eine unternehmerische Tätigkeit darstellt, gilt nach den Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bis zum 31.3.2000 Folgendes:
Steht beim Erwerb der Anlage durch entsprechende Planung und Auslegung von vornherein fest, dass dauernd überschüssiger Strom erzeugt werden wird, der dann dauerhaft gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, ist von einer unternehmerischen Tätigkeit des Betreibers auszugehen (Abschn. 18 Abs. 2 Satz 14 UStR).
Eine unternehmerische Tätigkeit liegt auch vor, wenn der Betreiber der Anlage den von ihm erzeugten Strom in vollem Umfang in das öffentliche Netz einspeist und völlig unabhängig hiervon den von ihm für seinen Verbrauch benötigten Strom vom Energieversorgungsunternehmen bezieht. Es muss sichergestellt sein, dass der Betreiber den von ihm erzeugten Strom nicht für den eigenen Bedarf verwenden kann. Daher sind der vom Betreiber erzeugte Strom und der für seinen Bedarf vom Energieversorgungsunternehmen bezogene Strom durch getrennte Stromzähler zu ermitteln. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt nicht vor, wenn der Betreiber für den von ihm eingespeisten Strom einen höheren Preis erhält als er für den bezogenen Strom entrichten muss.
Dient der Erwerb der Anlage dagegen ausschließlich oder überwiegend der eigenen (privaten) Stromversorgung und entsteht nur gelegentlich ein Stromüberschuss, der dann gegen Entgelt in das Stromnetz eines Energieversorgungsunternehmens eingespeist wird, liegt keine unternehmerische Tätigkeit des Betreibers vor (Abschn. 18 Abs. 2 Satz 15 UStR).
Zum 1.4.2000 ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft getreten. Nach §§ 3 bis 8 EEG sind die Stromnetzbetreiber nunmehr verpflichtet, jeglichen in einer privaten Anlage aus Wasserkraft, Windkraft, solarer Strahlungsenergie, Geothermie, Deponiegas, Klärgas, Grubengas und Biomasse erzeugten Strom zu einem festen Einspeisungspreis – abhängig von der Art der Energiequelle – abzunehmen. Betreiber privater Anlagen zur Stromgewinnung, die von dieser Abnahmeverpflichtung Gebrauch machen, können sämtlichen so erzeugten Strom in das allgemeine Netz einspeisen, während sie den privat benötigten Strom in vollem Umfang vom jeweiligen Netzbetreiber einkaufen. Aus diesem Grund werden regelmäßig zusätzliche Stromzähler installiert, um jeweils die Menge des eingespeisten bzw. des privat verbrauchten Stroms zu ermitteln.
Nach dem BMF-Schreiben vom 4.12.2001, IV B 7 – S 7104 – 47/01 (BStBl 2001 I S. 1012) gilt abweichend von Abschn. 18 Abs. 2 Sätze 14 und 15 UStR Folgendes:
Soweit der Betreiber einer unter §§ 3 bis 8 EEG fallenden Anlage zur Stromgewinnung den erzeugten Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz einspeist, dient diese Anlage ausschließlich der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Stromerzeugung. Das Betreiben einer solchen Anlage durch sonst nicht unternehmerisch tätige Personen ist daher unabhängig von der leistungsmäßigen Auslegung der Anlage und dem Entstehen von Stromüberschüssen eine nachhaltige Tätigkeit und begründet die Unternehmereigenschaft.
Sofern nur gelegentlich Strom in das allgemeine Stromnetz abgegeben wird, ist der Anlagenbetreiber nicht Unternehmer.
Wenn eine physische Einspeisung des erzeugten Stroms in das allgemeine Stromnetz nicht möglich ist (z.B. auf Grund unterschiedlicher Netzspannungen), liegt ein Leistungsaustausch zwischen dem Betreiber der Anlage und dem des allgemeinen Stromnetzes nicht vor. Eine Unternehmereigenschaft des Betreibers der Anlage ist insoweit auch dann nicht gegeben, wenn der Netzbetreiber in diesen Fällen eine Vergütung nach dem EEG für den in der Anlage erzeugten Strom zahlt.
Wenn die Vereinbarung zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Stromnetzbetreiber keine Aussage zur Umsatzsteuer trifft, ist im Zweifel davon auszugehen, dass in der vereinbarten Vergütung die Umsatzsteuer enthalten ist.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1