Leitsatz
Die Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer Genossenschaftsbank ist gewerblich und daher mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar. Ein Anspruch auf Zulassung einer Ausnahme besteht nur, wenn eine konkrete Gefährdung der Berufspflichten des Steuerberaters mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Hierfür trägt der Antragsteller die Darlegungs- und Feststellungslast. Eine gewerbliche Tätigkeit schließt die Tätigkeit als Syndikus-Steuerberater, die die ausschließliche Wahrnehmung steuerberatender Tätigkeiten beim Arbeitgeber voraussetzt, aus.
Normenkette
§ 33 Abs. 1 Nr. 3 FGO, Art. 12 GG, § 40 Abs. 3 Nr. 2, § 48 Abs. 2, § 57 Abs. 4 Nrn. 1, 2, § 58 S. 2 Nr. 5a StBerG
Sachverhalt
Das Vorstandsmitglied einer Genossenschaftsbank möchte als Steuerberater bestellt werden. Die Steuerberaterkammer hat das abgelehnt, da die Tätigkeit als Vorstandsmitglied eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 57 Abs. 4 Nr. 1 1. Halbs. StBerG darstelle, für die keine Ausnahme nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbs. StBerG zugelassen werden könne.
Entscheidung
Der BFH hat das Urteil des FG bestätigt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.06.2010, 6 K 349/09, Haufe-Index 2373277, EFG 2010, 1649), das die Klage abgewiesen hatte. Der Kläger hatte nicht darlegen können (und es auch gar nicht wirklich versucht), dass ein konkreter Interessenkonflikt zwischen Vorstands- und Steuerberatertätigkeit bei ihm nicht eintreten könne.
Hinweis
1. Nach § 40 Abs. 3 Nr. 2 StBerG ist eine Bestellung als Steuerberater zu versagen, solange der Bewerber eine Tätigkeit ausübt, die mit diesem Beruf unvereinbar ist. Als Tätigkeit, die mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar ist, gilt nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 1. Halbs. StBerG insbesondere eine gewerbliche Tätigkeit. Eine Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer gewerblich tätigen Bank ist gewerblich, also mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar. Denn das organschaftliche Handeln als Vorstand wird notwendigerweise vom gewerblichen Charakter der Unternehmenstätigkeit geprägt (BGH, Urteile vom 29.02.1988, StbSt (R) 1/87, BGHSt 35, 232 und vom 04.03.1996, StbSt (R) 4/95, BGHSt 42, 55).
2. Im Streitfall wäre also allenfalls in Betracht gekommen, eine Ausnahme vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit eines Steuerberaters zuzulassen, wenn eine Verletzung von Berufspflichten ausnahmsweise hätte ausgeschlossen werden können. Der BFH stellt dafür nicht auf die – nahezu immer gegebene – abstrakte Gefahr einer Verletzung von Berufspflichten ab, sondern auf eine konkrete Gefährdung im konkreten Einzelfall. Insofern hat der Bewerber die Darlegungs- und Feststellungslast und es besteht unbeschadet des Wortlauts des § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbs. StBerG ("kann") kein Ermessensspielraum der Steuerberaterkammer.
3.§ 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG ist mit der durch Art. 12 GG garantierten Freiheit der Berufswahl vereinbar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.02.1967, 1 BvR 569, 589/62, BVerfGE 21, 173; BFH, Urteile vom 05.09.1978, VII R 50/77, Haufe-Index 73028, BStBl II 1979, 202, vom 04.08.1987, VII R 169/85, Haufe-Index 61616, BStBl II 1987, 790 und vom 09.02.1993, VII R 89/92, BFH/NV 1993, 693). Bei Rechtsanwälten soll die Lage allerdings anders sein (BVerfG, Beschluss vom 04.11.1992, 1 BvR 79/85 u.a. Haufe-Index 1512198, BVerfGE 87, 287).
4. Eine Tätigkeit als sog. Syndikus-Steuerberater i.S.d. § 58 S. 2 Nr. 5a StBerG ist zwar zulässig. Der Kläger der Besprechungsentscheidung war aber nicht als Syndikus-Steuerberater tätig, weil er als Vorstand nicht ausschließlich Tätigkeiten i.S.d. § 33 StBerG wahrzunehmen hat.
5. Die Bestellung als Steuerberater kann aber nur vorbehaltslos erfolgen und nicht mit Einschränkungen oder modifizierenden Auflagen versehen werden (BFH, Beschluss vom 04.03.2004, VII R 21/02, BFH/NV 2004, 895).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.05.2011 – VII R 47/10