Leitsatz
1. Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen (Bestätigung des BFH-Urteils vom 12.1.2006, V R 3/04, BStBl II 2006, 479).
2. Preisnachlässe, die dem Telefonkunden vom Vermittler des Telefonanbietervertrags gewährt werden, mindern die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Vermittler dem Telefonunternehmen gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung.
Normenkette
§§ 10 Abs. 1, 14 Abs. 2, 17 Abs. 1 UStG 1999, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger vermittelte Telefongesellschaften Kunden, die einen Vertrag zum Betrieb eines Mobiltelefons abschlossen. Er erhielt dafür eine Vermittlungsprovision (Abrechnung durch Gutschriften). Um die Kunden zum Abschluss eines Vertrags zu bewegen, zahlte der Kläger diesen bei Einhaltung der Vertragslaufzeit pro Monat 20 DM.
Er beantragte – erfolglos –, die Entgelte um diesen Preisnachlass nach § 17 UStG zu mindern.
Entscheidung
Die Revision hatte Erfolg. FG und FA waren der Auffassung gewesen, die 20 DM seien Entgelt des Klägers für die Vertragsbindung. Das sah der BFH anders. Zwar kann auch das vereinbarte Entgelt für die Bindung an ein längerfristiges Angebot umsatzsteuerbar sein. Die von dem Kläger an die Endkunden gewährten "Vergütungen" stellen jedoch Preisnachlässe dar und mindern die Bemessungsgrundlage der von dem Kläger an die Telefongesellschaften erbrachten Vermittlungsleistungen.
Der Vorsteuerabzug der Telefongesellschaften für die von dem Kläger diesen in Rechnung gestellten Vermittlungsleistungen ändert sich dadurch nicht, auch wird die Rechnung durch die Änderung der Bemessungsgrundlage bei dem Kläger nicht unrichtig. Konsequenterweise bleibt es beim ungekürzten Entgelt im Verhältnis zwischen Endkunden und den Telefongesellschaften.
Im Gesamtergebnis erhält der Fiskus damit die USt, die in dem vom Endverbraucher aufgewendeten Betrag enthalten ist.
Hinweis
Man mag die EuGH-Rechtsprechung zu den "Verkaufsförderungsmaßnahmen" als Sieg der wirtschaftlichen Vernunft feiern oder deren gröbere Nahtstellen im System – vor allem aber die nicht überzeugende Vorstellung, es handle sich am Ende der Lieferkette, an dem der betreffende Gegenstand ankommt, nur um Endverbraucher – bedauern. Die Grundsätze sind da und anzuwenden.
Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass nach dem USt-System nur der Endverbraucher wirtschaftlich mit der USt belastet wird. Für Unternehmer, die auf den Produktions- und Vertriebsvorstufen vor der Endverbrauchsstufe tätig sind, muss die Umsatzbesteuerung neutral sein. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze darf dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften (z.B. über einen Gegenstand) von der Herstellung bis zum Endverbrauch nur der USt-Betrag zufließen, den der Endverbraucher letztlich wirtschaftlich aufwendet. Es ist deshalb nicht erforderlich, dass ein Preisnachlass oder eine Preiserstattung (ggf. über einen "Gutschein") in der unmittelbaren Leistungsbeziehung gewährt werden muss, um sich entgeltmindernd auszuwirken. Das bedeutet:
1. Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an den zweiten Unternehmer der Leistungskette). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.
2. Der Vorsteuerabzug des zweiten Unternehmers in der Leistungskette ändert sich dadurch nicht, auch wird die Rechnung durch die Änderung der Bemessungsgrundlage beim ersten Unternehmer nicht unrichtig, sodass dieser die USt auch nicht nach § 14 Abs. 2 UStG (jetzt: § 14c UStG) schuldet.
3. Auch Vermittlungsleistungen können zur relevanten Leistungskette gehören.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.7.2006, V R 46/05