Leitsatz
Die Veräußerung eines zum Unternehmensvermögen des Erblassers gehörenden Gegenstands durch den Gesamtrechtsnachfolger ist eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 45 AO, § 1922 Abs. 1 BGB, Art. 5 Abs. 7 Buchst. c der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Erblasser war Gesellschafter einer Rechtsanwaltssozietät (GbR); er hatte einen Pkw mit Vorsteuerabzug erworben, den er steuerpflichtig an die GbR vermietet und den die GbR ihm zur Nutzung überlassen hatte. Nach dessen Tod verkaufte die Erbengemeinschaft (Klägerin) das Fahrzeug ohne Ausweis von USt.
FA und FG (FG Rheinland-Pfalz vom 11.01.2007, 6 K 1423/05, Haufe-Index 1700152, EFG 2007, 965) meinten, dadurch sei der Tatbestand des Eigenverbrauchs erfüllt.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hatte im Ergebnis keinen Erfolg. Die Liquidation des ererbten Unternehmensvermögens durch Verkauf unterliegt der USt.
Hinweis
1. Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger in einem umfassenden Sinn sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein (§ 1922 Abs. 1 BGB und § 45 Abs. 1 S. 1 AO). Ausgenommen davon sind lediglich höchstpersönliche Verhältnisse und unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpfte Umstände, soweit diese – nach der für den betreffenden steuerrechtlichen Anspruch maßgeblichen steuerrechtlichen Norm – von Bedeutung sind.
2. Mit dem Tod des Unternehmers endet dessen Unternehmereigenschaft. Das ist ebenso selbstverständlich wie dass der Erbe nicht allein durch Erbfolge Unternehmer wird. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob und welche umsatzsteuerrechtlichen Rechtspositionen aus der unternehmerischen Tätigkeit des Erblassers, insbesondere auch dessen Zuordnung von Gegenständen (Wirtschaftsgütern) zum Unternehmensvermögen beim Erben als Gesamtrechtsnachfolger nachwirken und bei diesem zu berücksichtigen sind. Denn nach § 1922 BGB und § 45 AO muss sich der Gesamtrechtsnachfolger steuerschuldbegründende Verhältnisse aus der Person des Rechtsvorgängers entgegenhalten lassen und kann sich auf steuerschuldausschließende oder -mindernde Umstände aus der Person des Rechtsvorgängers berufen. Der Gesamtrechtsnachfolger tritt daher in die umsatzsteuerrechtlich noch nicht abgewickelten unternehmerischen Rechtsverhältnisse seines Rechtsvorgängers ein. Dabei sind (nur) höchstpersönliche Umstände, deren Berücksichtigung der materiellrechtliche USt-Tatbestand erfordert (z.B. § 4 Nr. 19 Buchst. a UStG), zu berücksichtigen.
3. Unternehmen und Unternehmereigenschaft erlöschen erst, wenn der Unternehmer alle Rechtsbeziehungen abgewickelt hat, die mit dem aufgegebenen Betrieb zusammenhängen. Als Gesamtrechtsnachfolger hat der Erbe deshalb (auch) für die Abwicklung aller umsatzsteuerrechtlich relevanten Vorgänge, die in der Person des Erblassers begründet und noch nicht abgeschlossen sind, zu sorgen (Abgabe der noch ausstehenden Steuererklärungen für bereits abgeschlossene Besteuerungszeiträume sowie bei Ist-Versteuerung im Fall der Vereinnahmung nach dem Erbanfall, die Durchführung von Berichtigungen nach § 17 UStG).
Auch steuermindernde Umstände, die in der Person des Erblassers begründet waren, kann der Erbe geltend machen (z.B. Vorsteuer aus nach dem Tod eingegangenen Rechnungen). Die beim Erblasser vorliegenden objektbezogenen Tatumstände werden nach Übergang der betreffenden Gegenstände durch Erbanfall dem Gesamtrechtsnachfolger, dem Erben, zugerechnet. So geht auch die Eigenschaft als Unternehmensvermögen nicht allein deshalb verloren, weil die Unternehmereigenschaft des Erblassers als solche nicht vererblich ist und wird deshalb das Unternehmensvermögen nicht zwangsläufig mit dem Tod des Erblassers in das Privatvermögen der Erben überführt. Hat der Erblasser einen Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet, entscheidet erst die Verwendung des Gegenstands durch den Erben über die umsatzsteuerrechtlichen Folgen in Bezug auf das ererbte Unternehmensvermögen. Wäre eine Lieferung durch den Erblasser steuerbar, gilt das auch für eine Lieferung durch den Erben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.01.2010 – V R 24/07