Leitsatz
1. Die Steuerfreiheit für die Vermittlung von Gesellschaftsanteilen nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1993 erfordert keine unmittelbare Beauftragung durch eine der Parteien des vermittelten Vertrags (Änderung der Rechtsprechung).
2. Die Steuerfreiheit für die Vermittlung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1993 setzt eine Tätigkeit voraus, die einzelne Vertragsabschlüsse fördert. Eine der Art nach geschäftsführende Leitung einer Vermittlungsorganisation ist keine „Vermittlung” im Sinn der Befreiungsvorschrift.
Normenkette
§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1993, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 RL 77/388/EWG (vgl. Art. 135 MwStSystRL)
Sachverhalt
Der Kläger war für eine GmbH tätig, die es ihrerseits übernommen hatte, für den Vertrieb von Kapitalbeteiligungen im Immobilienbereich zu sorgen. Auftrag des Klägers waren Aufbau, Führung und Leitung des Vertriebs sowie Vertriebscontrolling, Finanzierungsbeschaffung und konzeptionelle Arbeiten. Er erhielt dafür eine „Superprovision” (0,5 % der provisionspflichtigen Zeichnungssumme).
FA und FG beurteilten die Leistungen als steuerpflichtig. Das FG stützte sich u.a. auch darauf, der Kläger habe keine spezifische Vermittlungsleistung erbracht.
Entscheidung
Der BFH gab ausdrücklich seine bisherige Auffassung zum Untervermittler auf.
Die Revision des Klägers hatte gleichwohl keinen Erfolg, weil der Kläger nach dem festgestellten Sachverhalt weder dem Verkäufer der Kapitalanlagen Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrags nachgewiesen noch mit Interessenten Kontakt aufgenommen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen verhandelt hatte und deshalb keine Leistung vorlag, die die spezifischen Funktionen einer Vermittlung erfüllt. Die Steuerfreiheit der Vermittlungsleistung der GmbH schlägt nicht auf Leistungen des Klägers durch, die im Innenverhältnis für den Aufbau, die Führung und Leitung der Vermittlungsorganisation erbracht werden. Das veranschaulicht der Vergleich mit einem Geschäftsführer einer Bank, der für seine Geschäftsführungsleistung nicht die Steuerfreiheit der von der Bank erbrachten Bankumsätze in Anspruch nehmen kann.
Hinweis
1. Nach § 4 Nr. 8 UStG schien auch die Tätigkeit eines Untervermittlers nach dem EuGH-Urteil vom 13.12.2001, Rs. C-235/00, „CSC” (BFH/NV Beilage 2002, 359) geklärt. Danach war davon auszugehen, dass die Befreiung eine vertragliche Beziehung zu einer der Parteien voraussetzt. Das ist nach der Entscheidung des EuGH (vom 21.06.2007, Rs. C-453/05, „Volker Ludwig”, BFH-PR 2007, 351) nicht erforderlich. Eine Vermittlungstätigkeit kann daher zwar in verschiedene einzelne Dienstleistungen zerfallen. Als „Vermittlungsleistung” befreit ist eine Tätigkeit jedoch nur, wenn es sich bei der betreffenden Leistung um ein eigenständiges Ganzes handelt, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Vermittlungsleistung erfüllt. Deshalb kann auch ein Untervermittler umsatzsteuerfreie Leistungen beim Vertrieb von Bank- und Finanzdienstleistungen erbringen. Keine Vermittlungsleistung in diesem Sinn liegt dagegen vor, wenn nur ein Teil der mit dem vermittelten Vertrag verbundenen Sacharbeit übernommen worden ist. Dies gilt, weil für eine unterschiedliche Auslegung des Vermittlungsbegriffs in Art. 13 Teil B Buchst. d der 6. EG-RL (Art. 135 MwStSystRL) und § 4 Nr. 8 UStG kein Anhaltspunkt besteht, für alle Fälle der Vermittlung.
2. Die wesentlichen und spezifischen Funktionen einer Mittlertätigkeit bestehen -- das ist auch die gemeinschaftsrechtliche Vorgabe -- darin, durch den Nachweis von Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrags, durch die Kontaktaufnahme mit der anderen Partei oder durch das Verhandeln über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Es muss sich daher um Tätigkeiten handeln, die sich zumindest auch auf einzelne Geschäftsabschlüsse beziehen. Dies trifft z.B. auf die Aufteilung einer Vermittlungstätigkeit auf einen Haupt- und einen Untervertreter zu, von denen der eine gegenüber dem Kreditnehmer und der andere gegenüber dem Kreditgeber tätig wird. Leistungen allgemeiner Art, denen der Bezug zu einzelnen Geschäftsabschlüssen völlig fehlt, fallen nicht unter den Begriff der Vermittlung. So erfüllen deshalb Aufbau, Führung und Leitung eines Außendiensts ebenso wenig die Voraussetzung der Befreiung wie z.B. die Zuführung und Betreuung von Abschlussvertretern.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.12.2007, V R 62/06