Leitsatz
Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Erwerb oder Bebauung und (nachfolgender) Veräußerung eines Grundstücks gestattet für sich genommen nicht den Schluss, dass der Grundbesitz mit der unbedingten Absicht erworben oder bebaut worden ist, ihn alsbald zu verkaufen. Nur wenn schon andere Umstände dafür sprechen, dass bereits beim Erwerb oder bei der Bebauung des Grundstücks eine unbedingte Veräußerungsabsicht bestand, kann die Indizwirkung dieser Umstände durch die Kürze der zwischen Erwerb oder Bebauung und Verkauf liegenden Zeit verstärkt werden.
Normenkette
§ 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Zwei Brüder hatten von ihrer Großmutter ein Grundstück gegen Übernahme der darauf lastenden Verbindlichkeiten geschenkt bekommen. Die Großmutter hatte das Grundstück 3 Jahre zuvor von der Treuhand erworben und einen Teil zu Errichtung und Betrieb einer Tankstelle auf 15 Jahre vermietet. Den anderen Teil hatte sie kurz vor der Schenkung an den Betreiber eines Baumarkts vermietet und sich zur Errichtung des Betriebsgebäudes verpflichtet. Noch nach Abschluss des notariellen Schenkungsvertrags im August 1995 beauftragte die Großmutter einen Generalunternehmer mit der Errichtung des Baumarkts und beantragte eine Baugenehmigung.
Die Brüder schlossen sich zu einer GbR zusammen und traten nach Erteilung der Baugenehmigung für den Baumarkt im Februar 1996 ausdrücklich in den Mietvertrag und den Generalunternehmervertrag ein. Im Juni 1996 veräußerten die Brüder das Grundstück an einen Erwerber und verpflichteten sich ihm gegenüber zur Errichtung des Baumarkts.
Das FA sah die Tätigkeit der GbR als gewerblichen Grundstückshandel an. Nach erfolglosem Einspruch gegen den Gewinnfeststellungsbescheid und den GewSt-Messbescheid 1996 gab das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2006, 14 K 5266/02 G,F, Haufe-Index 1527160, EFG 2006, 1513) der Klage statt.
Entscheidung
Die Revision des FA wies der BFH zurück. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Brüder schon bei Übernahme der Verpflichtung zur Errichtung des Baumarkts eine unbedingte Absicht zur Veräußerung des Grundstücks gehabt hätten.
Hinweis
1. Seit der BFH die sog. Drei-Objekt-Grenze für den gewerblichen Grundstückshandel mit seinem Beschluss vom 10.12.2001, GrS 1/98 (BFH/NV 2002, 587, BFH/PR 2002, 171) aufgeweicht hat, beschäftigt sich die Rechtsprechung mit der Frage, in welchen Fällen auch bei weniger als drei Objekten gewerblicher Grundstückshandel vorliegt. Mehrfach hat der BFH seither entschieden, dass dafür andere objektive Umstände vorliegen müssen, aus denen sich auf eine unbedingte Veräußerungsabsicht bereits bei Erwerb oder beim späteren Beginn der Bebauung des Grundstücks schließen lässt. Eine bedingte Veräußerungsabsicht reicht bei weniger als drei Objekten nicht aus.
2. Ein auf unbedingte Veräußerungsabsicht hindeutender Umstand ist z.B. darin zu sehen, dass sich der Verkäufer zusammen mit dem Grundstücksverkauf zur Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück verpflichtet. Die Bebauung kann in diesem Fall nicht als Bestandteil eigener Vermögensverwaltung des Verkäufers angesehen werden. Anders ist es aber, wenn mit der Errichtung vor dem Grundstücksverkauf begonnen wird. Eine unbedingte Veräußerungsabsicht zu diesem Zeitpunkt lässt sich nur aus zusätzlichen Indizien entnehmen.
3. Verbreitet wird ein solches Indiz in einem kurzen zeitlichen Abstand zwischen Beginn der Errichtung und Veräußerung gesehen. Mit dem Besprechungsurteil stellt der BFH aber klar, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang allein noch nicht ausreichend ist. Vielmehr müssten weitere Indizien vorliegen, die nur durch den zeitlichen Zusammenhang verstärkt würden. Solche Indizien lassen sich z.B. in der Art der Finanzierung des Grundstückserwerbs und der Bebauung finden.
Was unter diesem Aspekt als enger zeitlicher Zusammenhang anzusehen ist, lässt sich abstrakt nicht genau bestimmen. Der BFH lässt die Frage im Besprechungsurteil auch ausdrücklich offen. Allerdings wird wohl bei einem zeitlichen Abstand von mehr als einem Jahr nicht mehr von einer Indizwirkung ausgegangen werden können. Je kürzer der zeitliche Abstand unterhalb der Jahresfrist aber ist, umso stärker wirkt der zeitliche Zusammenhang als andere Umstände verstärkendes Indiz für eine bereits bei Baubeginn bestehende unbedingte Veräußerungsabsicht.
4. Beachten Sie, dass im hier entschiedenen Fall der Verkäufer bei Verkauf des Grundstücks mit der Errichtung tatsächlich noch nicht begonnen hatte. Allerdings hatte er sich zuvor zur Errichtung gegenüber dem Käufer verpflichtet. Eine solche Verpflichtung hat dieselbe indizielle Wirkung für eine unbedingte Veräußerungsabsicht wie die Errichtung selbst.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.11.2008 – IV R 38/06