Leitsatz
Ein Veräußerungsgewinn gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG liegt auch vor, wenn ein Altgesellschafter nach einer Kapitalerhöhung ein Dritten den dadurch entstandenen neuen Geschäftsanteil gegen - auch indirekt zu fließendes - Entgelt überlässt.
Sachverhalt
Die Altgesellschafter der U-GmbH, einer EDV-Beratungsfirma, erhöhten in mehreren Stufen und über mehrere beteiligte Kapitalgesellschaften das Stammkapital, um das Unternehmen schließlich als Aktiengesellschaft an die Börse zu bringen. Grundlage aller folgenden Transaktionen war ein Beitrittsvertrag vom 06.08.1998, in dem das Kapital von DM 800.000 um DM 268.100 erhöht wurde und nach dem die T-GmbH, die die neuen Anteile übernehmen sollte, ein Agio in Höhe von DM 1.131900 DM entrichten sollte. Daneben wurde der T-GmbH eine stille Beteiligung in Höhe von DM 1,6 Mio eingeräumt, die stufenweise in Kapitalrücklagen umgewandelt werden sollte. Im Sachverhalt erhielten die Altgesellschafter außerdem eine Call-Option auf den Erwerb von börsennotierten Anteilen, was letztlich jedoch nicht entscheidungserheblich war.
Aus nicht mitgeteilten Gründen wurde jedoch nicht die U-GmbH zur Börsenreife geführt, sondern eine am 22.12.1998 neu gegründete U-AG. Deren Anteile wurden am 29.04.1999 zum Nennwert auf die U-GmbH übertragen. Gleichzeitig wurde vorzeitig die stille Beteiligung der T-GmbH in voller Höhe von DM 1,6 Mio in eine Kapitalrücklage der U-GmbH umgewandelt. Vereinbart wurde dabei ein Rückbehalt von DM 1,6 Mio aus dem Übergewinn, der nach dem Börsenganges an die Altgesellschafter ausgezahlt werden sollte. Nach einer weiteren Kapitalerhöhung um DM 2.731.900 auf DM 3,8 Mio wurde am 29.04.1999 die U-GmbH auf die U-AG verschmolzen. Nach der Erstnotiz am 14.07.1999 am neuen Markt wurde am 19.07.1999 der Übergewinn an die Altgesellschafter ausgezahlt. Von der Gesamtsumme von DM 11.576,870 wurden zugunsten der T-GmbH DM 1,6 Mio einbehalten. Auf den Kläger, zuletzt Anteilseigner an der U-GmbH zu 20,5% entfiel dabei ein Anteil von DM 3.042.945. Weder in der Einkommensteuererklärung 1998 noch 1999 hatte der Kläger diese Summe als Veräußerungsgewinn im Sinne von § 17 Abs. 1 EStG angegeben, da er der Meinung war, es handle sich um einen nicht steuerbaren Vorgang.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen, eine Revision allerdings wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Das Finanzgericht sieht alle Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 1 EStG als erfüllt an. Eine wesentliche Beteiligung des Klägers war in allen Streitjahren gegeben. Im Jahr 1998 hat der Kläger auch einen Anteil an einer Kapitalgesellschaft im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 übertragen. Zu den Anteilen zählen auch Anwartschaften auf solche Beteiligungen, z.B. das Recht der Altgesellschafter nach Erhöhung des Stammkapitals einen neuen Gesellschaftsanteil zu beziehen. Dies gilt auch dann, wenn das Bezugsrecht der Altgesellschafter in dem hierzu notwendigen Gesellschafterbeschluss ausgeschlossen wurde mit der Folge, dass gesellschaftsrechtlich kein Bezugsrecht entstanden ist. Dies war im Sachverhalt der Fall, da die neuen Kapitalanteile der beitretenden T-GmbH allein zufallen sollten und diese im Gegenzug bestimmte Verpflichtungen eingehen. Auch eine für § 17 EStG notwendige Veräußerung erkennt das Finanzgericht als gegeben an. Nach der Rechtsprechung des BFH verfügt ein Altgesellschafter auch dann über sein Bezugsrecht im wirtschaftlichen Sinn, wenn das Bezugsrecht originär in der Person des Dritten entstehen soll. Die für einen Veräußerungsvorgang notwendige Abgabe von Vermögenswerten liege im Verlust der anteiligen stillen Reserven, die auf den neuen Geschäftsanteil übergingen. Mit diesem Wertverlust sieht das Gericht auch die Vereinbarung eines Agios in Höhe von DM 1.131.900 im Zusammenhang, sowie die Beteiligung der T-GmbH als stiller Gesellschafter an der U-GmbH. Ferner sei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise für die geschilderte Finanztransaktion allein maßgeblich. Danach stellt sich der der U-GmbH geleistete Betrag letztlich als Zahlung der T-GmbH an den Kläger zum Ausgleich für die Übertragung des Bezugsrechts auf den neu geschaffenen und von der T-GmbH übernommenen Gesellschaftsanteil und die auf diesem neuen Geschäftsanteil beruhenden stillen Reserven dar. Der Kreis schließe sich nämlich mit der Zahlung vom 19.07.1999, mit der - wie im Beitrittsvertrag vereinbart - der Übergewinn abzüglich des Einbehalts in Höhe von DM 1,6 Mio u.a. anteilig an den Kläger ausgezahlt wurde.
Schließlich sieht das Gericht den Veräußerungserlös insgesamt als im Jahr 1998 angefallen an. Die maßgeblichen Veräußerungsverträge sind in diesem Jahr abgeschlossen worden. Auf den Zufluss und die genaue Höhe, die sich erst im Jahr 1999 realisierte, kommt es nicht an. Deswegen hat das Finanzgericht auch ein rückwirkendes Ereignis angenommen, nach dem nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO der Einkommensteuerbescheid 1998 nachträglich geändert werden konnte. Da der Kläger weder Anschaffungs- noch Veräußerungskosten gelt...