Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das Finanzamt ist nicht verpflichtet, einen Vermieter auf eine allgemeine Mietpreissteigerung hinzuweisen, damit dieser rechtzeitig die Miete einer verbilligt überlassenen Wohnung erhöhen kann.
Sachverhalt
Nach § 21 Abs. 2 EStG a. F. ist eine Vermietung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn die Wohnungsmiete weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Durch das Haushaltsbegleitgesetz vom 29.12.2003 (BGBl. I Nr. 68) hat der Gesetzgeber diese Grenze ab 2004 auf 56 % angehoben. Unterschreitet die Miete diesen Prozentsatz, sind die Werbungskosten nur anteilig abziehbar.
Im Urteilsfall vermieteten Eheleute aus München eine 108 qm große Wohnung verbilligt an ihre Tochter. Um sich den vollen Werbungskostenabzug zu sichern, vereinbarten sie eine Monatsmiete von 500 DM (50 % der damals ortsüblichen Miete).
Im Jahr 2002 wurden die Mietzahlungen noch immer in gleicher Höhe von umgerechnet 255 EUR geleistet. Da die ortsüblichen Vergleichsmieten in München mittlerweile gestiegen waren, ging das Finanzamt nicht mehr von einer voll entgeltlichen Vermietung aus. Auf Grundlage der gestiegenen ortsüblichen Miete nahm das Finanzamt nur einen entgeltlichen Teil der Vermietung von 36,78 % an. In der Folge wurde der Werbungskostenabzug für das Vermietungsobjekt nur für diesen Anteil gewährt.
Die Eheleute wandten ein, dass das Finanzamt die übliche Jahresmiete erst in der Veranlagung "hochgesetzt" hatte. Aus diesem Grund konnten die Eheleute nicht rechtzeitig mit einer entsprechenden Mietpreiserhöhung reagieren. Nach ihrer Ansicht hätte das Finanzamt diese Vorgehensweise schon vor Beginn des Jahres ankündigen müssen.
Entscheidung
Das FG wies die Klage ab und entschied, dass das Finanzamt den Steuerpflichtigen nicht darauf hinweisen muss, dass eine Miete wegen allgemeiner Mietpreissteigerung erhöht werden muss. Nach deutschem Steuerrecht muss das Finanzamt nicht beratend darauf hinwirken, dass ein Vermieter sein Mietverhältnis möglichst steuergünstig ausgestaltet.
Auch können sich die Eheleute nicht darauf berufen, dass die gestiegene ortsübliche Miete nicht bereits in einem früheren Jahr vom Finanzamt herangezogen wurde. Nach dem Grundsatz der sog. Abschnittsbesteuerung hat der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf eine gleichbleibende Sachbehandlung. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Finanzamt die niedrige tatsächliche Miete bis 2002 ohne Kürzung der Werbungskosten mitgetragen hat, hielt das FG die Klage für "unverständlich".
Hinweis
Führt man den Gedanken der Eheleute weiter, müsste das Finanzamt auf alle möglichen Steuergestaltungen hinweisen. So wären die Sachbearbeiter gehalten, von einem Grundstücksverkauf innerhalb der Spekulationsfrist abzuraten oder günstigere Abschreibungsalternativen vorzuschlagen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 04.12.2009, 1 K 3948/07