OFD Frankfurt, Verfügung v. 4.1.2008, S 2745 A - 23 - St 54
Es sind Fälle bekannt geworden, in denen insbesondere dauerdefizitäre Betriebe gewerblicher Art die erstmalige Feststellung bisher nicht bilanzierter bzw. geltend gemachter Verluste auf den 31.12.1990 und Folgestichtage beantragen (gemäß § 10d Abs. 3 EStG i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990 war der Verlustabzug erstmals auf den 31.12.1990 festzustellen; dabei waren die ab 1985 angefallenen Verluste zu berücksichtigen), obwohl Veranlagungen für die entsprechenden Zeiträume bisher mangels Abgabe von Steuererklärungen und mangels steuerlicher Relevanz nicht durchgeführt wurden.
Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass auch diese dauerdefizitären Betriebe in einzelnen Jahren Gewinne erzielen können, z.B. aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile an Kapitalgesellschaften innerhalb von 7 Jahren nach der Einbringung oder bei Beendigung einer Betriebsaufspaltung, wenn die der Kapitalgesellschaft überlassenen Grundstücke künftig als Wohn- und Geschäftsgrundstücke genutzt werden sollen und entsprechend hohe stille Reserven ausweisen.
Problematisch ist diesbezüglich, dass im Regelfall teilweise bereits Feststellungsverjährung für die zugrunde liegenden Steuerfestsetzungen eingetreten ist.
Der BFH hat mit den Urteilen vom 1.3.2006, XI R 33/04 (BStBl 2007 II S. 919) und vom 2.8.2006, XI R 65/05 (BStBl 2007 II S. 921) entschieden, dass der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 EStG nicht entgegensteht, dass für den Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung kein Einkommensteuerbescheid ergangen war und auch nicht mehr ergehen konnte. Nach den Urteilen können Verluste aufgrund des § 181 Abs. 5 AO noch gesondert festgestellt werden, soweit die Feststellung für eine Steuerfestsetzung oder eine andere Feststellung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Dies ist bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags wegen der Auswirkungen auf Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerfestsetzungen künftiger Veranlagungszeiträume der Fall.
Durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 (BGBl 2006 I S. 2878, BStBl 2007 I S. 28) ist der Lauf der für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 EStG geltenden Feststellungsfristen neu geordnet worden. Nach § 10d Abs. 4 Satz 6 1. Halbsatz EStG endet die Verlustfeststellungsfrist nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung abgelaufen ist. Nach dem 2. Halbsatz dieser Vorschrift ist § 181 Abs. 5 AO auf die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nicht anwendbar, es sei denn, die Finanzbehörde hat die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt für die Anwendung des § 10d Abs. 4 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 Folgendes:
Nach § 181 Abs. 1 AO gelten für das Verfahren zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 EStG (Verlustfeststellung) die Regeln über die Festsetzungs-/Feststellungsfrist sinngemäß.
Da für die Verlustfeststellung eine allgemeine Erklärungspflicht nach § 181 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 AO besteht, ist die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zu beachten.
Nach § 10d Abs. 4 Satz 6 1. Halbsatz EStG endet die Verlustfeststellungsfrist nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung abgelaufen ist. Nach dem 2. Halbsatz dieser Vorschrift ist § 181 Abs. 5 AO auf die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nicht anwendbar, es sei denn, die Finanzbehörde hat die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen. Das FA als zuständige Finanzbehörde verletzt seine Pflichten, wenn es über einen innerhalb der Feststellungsfrist im Sinne des § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG erklärten Verlust innerhalb dieser Frist keinen Feststellungsbescheid erlässt.
Die Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG gilt für alle bei In-Kraft-Treten des Jahressteuergesetzes 2007 noch nicht abgelaufenen Feststellungsfristen, § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG. Dies bedeutet, dass eine in der Vergangenheit angelaufene Feststellungsfrist zunächst unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Vorschriften einschließlich des § 181 Abs. 5 AO zu bestimmen ist. Nach § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG wurde der Lauf der Feststellungsfristen, soweit sie ausschließlich auf Grund der Wirkung des § 181 Abs. 5 AO nicht abgelaufen waren, im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Jahressteuergesetzes 2007 kraft Gesetzes beendet.
Sind vor In-Kraft-Treten des Jahressteuergesetzes 2007 Verluste erklärt worden und ist keine Verlustfeststellung erfolgt, ist wie folgt zu verfahren:
- Ist die Verlustfeststellungsfrist nach den §§ 169 ff. AO – berechnet ohne die Wirkung des § 181 Abs. 5 AO – vor der Abgabe der Verlustfeststellungserklärung und vor dem In-Kra...