Das VSBG legt Strukturen für den Ablauf eines Schlichtungsverfahrens fest, die Niederschlag in der Verfahrensordnung der jeweiligen Verbraucherschlichtungsstelle gefunden haben müssen. Alternativ können die Verbraucherstreitbeilegungsstellen auch eine Mediation statt einer Schlichtung durchführen. Ebenso ist eine Kombination aus Beidem möglich. Dann muss neben dem VSBG das Meditationsgesetz beachtet werden.
(Fast) Niemand wird gezwungen
Die Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren ist sowohl für den Verbraucher als auch für den Unternehmer grundsätzlich freiwillig. Wer von vornherein nicht offen ist für eine einvernehmliche Lösung, muss diesen Weg nicht gehen, sondern kann den Disput klassisch vom zuständigen Gericht klären lassen.
Eine Verpflichtung zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren kann sich aber u. a. vertragsrechtlich aus Mediations- oder Schlichtungsabreden, satzungsrechtlich aus Verbandszugehörigkeit oder gesetzlich, z. B. aus § 111b Abs. 1 S. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes ergeben.
3.1 Einleitung des Verfahrens
3.1.1 Antrag
Das Verfahren beginnt mit dem Antrag auf Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens, der die Verjährung hemmt, wenn das Verfahren ordnungsgemäß verläuft (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB). Dieser und alle sonstigen Mitteilungen im Rahmen des Verfahrens können per Textform (§ 126b BGB), also auch als Datei per E-Mail übermittelt werden (§ 11 VSBG).
3.1.2 Verfahrenssprache
Verfahrenssprache ist Deutsch, kann aber auf Wunsch eine andere sein, wenn beide Parteien damit einverstanden sind (§ 12 VSBG).
3.1.3 Vertretung
Die Parteien können, müssen sich aber nicht vertreten lassen. Vertreter kann ein Rechtsanwalt oder eine andere zur Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen befugte Person sein (§ 13 VSBG).
3.1.4 Ablehnungsgründe
Zuerst prüft der Streitmittler, ob etwas gegen die Durchführung des Verfahrens spricht.
Zwingende Gründe für die Ablehnung sind:
- die Verbraucherschlichtungsstelle ist nicht zuständig;
- der Antragsteller hat versäumt, den Anspruch direkt beim Gegner geltend zu machen oder er hat es getan, aber bei ausbleibender Antwort sind zwei Monate noch nicht verstrichen;
- Der Anspruch des Verbrauchers ist Gegenstand einer noch rechtshängigen Musterfeststellungsklage und er ist zum Klageregister angemeldet (§ 14 Abs. 1 VSBG).
Optional kann die Verfahrensordnung folgende Ablehnungsgründe vorsehen:
- der Antrag ist mutwillig und offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg, z. B. wenn der Anspruch bereits verjährt ist und der Gegner sich hierauf beruft, wenn die Streitigkeit beigelegt ist oder in gleicher Sache ein Prozesskostenhilfeantrag wegen Mutwilligkeit oder Aussichtslosigkeit abgelehnt wurde;
- die Sache ist bei einer anderen Verbraucherschlichtungsstelle aktuell anhängig oder das Verfahren schon durchgeführt;
- die Sache ist gerichtlich rechtshängig oder entschieden;
- der Streitwert unter- oder überschreitet eine bestimmte Höhe, die in der jeweiligen Verfahrensordnung festgelegt ist;
- die Schlichtungsstelle ist angesichts des erwarteten hohen Aufwands oder einer ungeklärten grundsätzlichen Rechtsfrage überfordert (§ 14 Abs. 2 VSBG).
Beschränkung der Zuständigkeit
Mit Ausnahme der Universalschlichtungsstelle des Bundes kann jede Verbraucherschlichtungsstelle ihre Zuständigkeit beschränken (§ 4 Abs. 1a VSBG).
3.1.5 Durchführung des Verfahrens
Zu Beginn des Verfahrens sendet die Schlichtungsstelle den Parteien eine Mitteilung zu, die u. a. auf den Antragseingang hinweist, auf die Verfahrensordnung auf der Webseite, nach der das Verfahren geführt wird, auf die Vertretungsmöglichkeit, auf die Kosten sowie die Verschwiegenheitspflicht des Streitmittlers (§ 16 VSBG).
Innerhalb einer dreiwöchigen, verlängerbaren Frist können die Parteien ihre Tatsachen und Bewertungen vorbringen und zu dem Vortrag der jeweiligen anderen Partei Stellung nehmen. Eine mündliche Verhandlung findet nur statt, wenn sie in der Verfahrensordnung vorgesehen und von den Parteien gewünscht ist (§ 17 VSBG).
Der Streitmittler wird – wenn die Verfahrensordnung dies anordnet – einen Schlichtungsvorschlag in Textform unterbreiten. Der Vorschlag soll sich nach der geltenden Rechts- und Gesetzeslage richten. Bei rein deutschen Streitigkeiten sind deutsches Recht und Gesetz anzuwenden. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten gelten die allgemeinen Regeln des Kollisionsrechts am Sitz der Schlichtungsstelle, v.a. die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 v. 4.7.2008, S. 6). Nach Art. 6 der Rom I-VO gilt bei Verbraucherverträgen grundsätzlich das Recht des Staates, an dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Zuständigkeit der Streitschlichtungsstellen richtet sich nach der Niederlassung des Unternehmens. Vor einer deutschen Stelle kann daher ausländisches Verbraucherrecht anwendbar sein. Das ist weder für die deutschen noch für die Verbraucherschlichtungsstellen im Rest von Europa einfach. Unterstützt werden sie von dem Netz der europäischen Verbraucherzentren (European Consumer Centres Network, ECC-Net, http://ec.europa.eu/consumers/solving_consumer_dispute...