4.1.1 Kapitalgesellschaft
Rz. 36
An der Konzernspitze soll ein inländisches Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder einer bestimmten Personenhandelsgesellschaft i. S. d. § 264a HGB stehen. Liegt mindestens eine Mutter-Tochter-Beziehung i. S. d. § 290 HGB vor, ist im Regelfall eine Konzernrechnungslegungspflicht gegeben, so dass gleichzeitig auch der Tatbestand eines Unternehmensverbunds i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB erfüllt ist. Dabei ist es belanglos,
- ob ein Konzernabschluss tatsächlich aufgestellt bzw. davon abgesehen wird,
- ob ein Mutterunternehmen einen Konzernabschluss nach internationalen Rechnungslegungsnormen (IFRS) erstellt,
- welche Rechtsform die Tochterunternehmen besitzen und/oder
- ob sich der Sitz der Tochterunternehmen im In- oder Ausland befindet.
Ist der obige Tatbestand erfüllt, sind alle Konzernunternehmen gleichzeitig auch verbundene Unternehmen (vgl. Feld (1) der Abb. 3): Sämtliche Mutter- und Tochterunternehmen sind miteinander verbunden. Es liegen analog zu § 18 AktG multilaterale Beziehungen zwischen allen Konzernunternehmen vor.
Beispiel 1:
A und B sind Mutterunternehmen und grundsätzlich zur Erstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet. Erstellt A einen Konzernabschluss unter Einbeziehung von B, C und D, besitzt dieser grundsätzlich befreiende Wirkung – sofern § 291 Abs. 3 HGB keine Anwendung findet – für B, so dass B dann keinen (Teil-)Konzernabschluss erstellen muss. Alle Konzernunternehmen A, B, C und D sind verbundene Unternehmen.
Sofern A pflichtwidrig z. B. nur einen Konzernabschluss unter Einbeziehung von D oder überhaupt keinen Konzernabschluss aufstellt, wodurch gleichzeitig B zur Teilkonzernrechnungslegung verpflichtet wird, ist dennoch der am weitesten gehende Konzernabschluss des obersten Mutterunternehmens A für ein Verhältnis verbundener Unternehmen nach § 271 Abs. 2 HGB maßgebend, "auch wenn die Aufstellung unterbleibt". Daraus folgt, dass auch in diesen Fällen alle Konzernunternehmen A, B, C und D im Verhältnis zueinander verbundene Unternehmen sind.
Nach dem Wortlaut der Regelung in § 271 Abs. 2 HGB kommt jedoch im vorliegenden Fall eine Verbundbeziehung nicht zustande, wenn einer der beiden folgenden Sachverhalte vorliegt:
- Der Konzern erfüllt insgesamt die Größenkriterien gem. § 293 HGB.
- Der Konzern überschreitet zwar insgesamt die Größenkriterien (weil das Mutterunternehmen z. B. allein schon für sich die notwendige Größe aufweist), allerdings sind die Tochterunternehmen B, C und D sowohl einzeln als auch insgesamt unbedeutend, so dass infolge der Ausübung des Wahlrechts gem. § 296 Abs. 2 HGB insgesamt keine konsolidierungspflichtigen Tochterunternehmen existieren, mithin qua § 290 Abs. 5 HGB eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses entfällt.
4.1.2 Nicht-Kapitalgesellschaft
Rz. 37
Steht an der Spitze eines Konzerns eine inländische Nicht-Kapitalgesellschaft, die ein oder mehrere inländische Tochterunternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft besitzt, so ist zu unterscheiden, ob eines dieser Tochterunternehmen zugleich auch Mutterunternehmen ist, das seinerseits nach den Vorschriften des Zweiten Unterabschnitts einen (Teil-)Konzernabschluss erstellen muss. Ist eine solche Situation nicht gegeben (vgl. Feld (2) der Abb. 3), läge in diesem einstufigen Konzern keine Abschlusspflicht i. S. d. des Zweiten Unterabschnitts vor, so dass auch kein Unternehmensverbund i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB gegeben wäre. Zwar verweist § 13 Abs. 2 Satz 1 PublG an dieser Stelle unmittelbar (auch) auf § 298 HGB, wodurch § 271 Abs. 2 HGB dem Grunde nach analog anzuwenden wäre; dennoch scheidet eine solche – zugegeben wünschenswerte – Analogie bereits deshalb aus, weil diese inländische Nicht-Kapitalgesellschaft ihren Konzernabschluss gerade nicht "nach dem Zweiten Unterabschnitt aufzustellen hat." Aufgrund dessen existiert für die Konzernspitze (inländische Nicht-Kapitalgesellschaft) auch keine Möglichkeit zur Erstellung eines befreienden Konzernabschlusses. Insoweit ist die Verbundbedingung II als nicht erfüllt anzusehen. Bei einer wörtlichen Auslegung des Gesetzestexts wären in den Jahresabschlüssen der Kapitalgesellschaften (Tochterunternehmen) weder die Beziehungen zur Konzernspitze noch die Beziehungen untereinander als Verbundbeziehungen auszuweisen. Hierin liegt eine der vielen Schwachstellen des Verbundbegriffs, zumal aus betriebswirtschaftlicher Sicht der Konzerntatbestand zwischen den beteiligten Unternehmen unstreitig gegeben ist, die Beziehungen aber nicht aufzuzeigen sind.
Beispiel 2:
Sowohl die Beziehungen A/B, A/C als auch B/C dürften bei einer wörtlichen Auslegung des Gesetzestexts nicht als Verbundbeziehungen ausgewiesen werden. Da über § 5 Abs. 1 PublG eine sinngemäße Anwendung des § 271 Abs. 2 HGB zu erfolgen hat, sind im Jahresabschluss der A-OHG – im Falle des Bestehens ein...