Lisa Möllenbeck, Anna-Lena Glander
Eine interne Untersuchung und die Kommunikation rund um diese erfordert viel Planungs- und Organisationsaufwand im Vorfeld sowie während der Untersuchung. Die nachfolgenden Handlungsempfehlungen für die Konzeptionierung und Durchführung der internen Ermittlung, der internen und externen Kommunikation sowie für den Umgang mit externen Stellen wie Strafverfolgungsbehörden oder der Öffentlichkeit sollen den Ablauf einer internen Ermittlung und deren Umsetzung erleichtern.
3.1 Erste Orientierungsphase: Untersuchungszielsetzung, -planung und -taktik
Ist ein Verdacht zur Kenntnis der Führungsebene oder der sonst Verantwortlichen im Unternehmen gelangt, müssen diese die Entscheidung treffen, ob und, wenn ja, welche (internen) Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet werden sollen. In einem ersten Schritt sind daher der konkrete Verdacht, der bislang bekannte Sachverhalt, die bereits vorliegenden Belege und Anhaltspunkte, die noch offenen und zu ermittelnden Punkte sowie die konkrete Zielsetzung der Untersuchung zu identifizieren. Von diesen Aspekten hängt der weitere Verlauf und die Planung der Untersuchung ab.
3.1.1 Einordnung des Verdachts
Im Rahmen von anlassbezogenen internen Untersuchungen ist ein wichtiges Kriterium für die weitere Planung der weiteren Maßnahmen zur Vorfallaufklärung in der Orientierungsphase ferner, ob
- es sich um unternehmensinterne Verstöße handelt,
- ein Angriff von außen vorliegt (z. B. Hackerangriffe, Betrugsmanöver, Materialdiebstahl, Missbrauch der Logistikkette für Schmuggel),
- ein Verdacht des Zusammenwirkens von Mitarbeitenden mit externen Personen vorliegt, oder
externe Täter sich interne Schwachstellen zu Nutzen gemacht haben (z. B. Identifizierung erpressbarer Mitarbeitender).
Amnestieangebote
Die oftmals bereits zu Beginn einer Untersuchung diskutierte Möglichkeit der Gewährung sogenannter Amnestien durch Unternehmen, d. h. das Angebot des Verzichts auf Sanktionsmaßnahmen, sollte durch Unternehmen – insbesondere zu Beginn einer Untersuchung – äußerst sorgfältig geprüft und mit dieser taktischen Möglichkeit vorsichtig umgegangen werden. In bestimmten Fällen sind sogenannte Amnestieangebote von Unternehmen zwar durchaus zweckmäßig, z. B. wenn die Mitwirkung von Betroffenen zur Aufklärung eines Sachverhalts erforderlich scheint und z. B. durch Selbstanzeigen eine Sanktionierung des Unternehmens verhindert werden kann. Derartige Versprechen sollten aber nur nach externer Beratung, bei Kenntnis des Sachverhalts und nur nach einer einzelfallbezogenenen Abwägung abgegeben werden. Dies gilt auch deshalb, da ein Amnestieangebot selbst eine etwaige Strafbarkeit der Verantwortlichen, z. B. eine Untreue zulasten des Unternehmens, begründen kann.
3.1.2 Einbindung der Strafverfolgungsbehörden
Bestehen angesichts des Verdachts strafbarer Handlungen Anhaltspunkte für Verdunkelungsgefahr, sollte regelmäßig – ggf. in Abstimmung mit Rechtsanwälten und/oder den Ermittlungsbehörden – geprüft werden, ob und inwieweit der zugrundeliegende Sachverhalt überhaupt durch unternehmensinterne Untersuchungen (vor-)geklärt werden sollte. Zwar besteht i. d. R. keine Pflicht zur Information der Strafverfolgungsbehörden, doch es könnte den Unternehmensinteressen schaden, wenn Ermittlungsbehörden zu einem späteren Zeitpunkt in der Öffentlichkeit den Vorwurf erheben, das Unternehmen habe durch eigene Untersuchungsmaßnahmen strafrechtliche Ermittlungen verzögert oder behindert.
Unabhängig hiervon ist bei bußgeldbedrohten oder strafbaren Handlungen immer zu prüfen, ob sich die Einschaltung staatlicher Ermittlungsbehörden nicht schon allein wegen der Schwere der mutmaßlichen Verstöße bzw. Straftaten empfiehlt, z. B., weil eine Straftat zulasten des Unternehmens selbst in Rede steht, eine strafbefreiende Selbstanzeige zugunsten der Leitungspersonen des Unternehmens oder eine Sanktionsmilderung zugunsten des Unternehmens in Betracht kommen, oder Ermittlungsmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden erfolgversprechender als eigene Untersuchungen erscheinen. Beispielsweise kommt unter Umständen, wie etwa beim Einsatz von Videokameras, auf denen die in Verdacht stehende Straftat aufgezeichnet sein könnte, ein Rückgriff auf die weiterreichenden Ermittlungsbefugnisse staatlicher Ermittlungsbehörden nach Einbindung dieser in Betracht. Diese Beurteilung ist unabhängig davon vorzunehmen, ob eine rechtliche Verpflichtung zur Einschaltung der Ermittlungsbehörden besteht, denn eine Rechtsverpflichtung zur Anzeigeerstattung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden besteht grundsätzlich nur bei sehr schwerwiegenden Delikten (insbesondere in den in § 138 StGB genannten Delikten wie z. B. Mord oder staatsgefährdende Straftaten).
Bei der Prüfung, ob Strafverfolgungsbehörden unabhängig von einer etwaigen Pflicht eingeschaltet werden sollen, ist zu beachten, dass sich Unternehmen bei dem Umgang mit gewissen Vorfällen, wie etwa gewerbsmäßiger oder organisierter Kriminalität in der Logistikkette, auf unbekanntes Terrain begeben und Ermittlungen ohne die Unterstützung spezialisierter staatlicher Stellen wenig erfolgversprechend erscheinen oder einen noch größeren Schaden im Unternehmen oder bei den betroff...