Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Die Finanzverwaltung präzisiert ihre Vorgaben für eine Sonderregelung beim innergemeinschaftlichen Verbringen. Ein leistender Unternehmer kann Lieferungen in einen anderen Mitgliedstaat, die regelmäßig an eine Vielzahl an Abnehmern ausgeführt werden, als innergemeinschaftliches Verbringen an sich selber und anschließend als steuerbare Lieferung an die Kunden erfassen. Die Anwendung dieser Sonderregelung ist davon abhängig, dass die Finanzverwaltungen beider Mitgliedstaaten vorher dieser Regelung zustimmen und der Lieferer die Gegenstände befördert.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Um eine Warenbewegung zwischen 2 Mitgliedstaaten der Gemeinschaft auch dann umsatzsteuerlich zu erfassen, wenn der Gegenstand nicht im Rahmen einer entgeltlichen Lieferung von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat gelangt, wurde der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Verbringens geschaffen.
Soweit ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens aus einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft einen Gegenstand zu seiner eigenen Verfügung in einen anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft verbringt, führt diese Warenbewegung zu 2 eigenständigen Umsätzen:
- Im Ursprungsmitgliedstaat gilt dieses Verbringen nach § 3 Abs. 1a UStG als eine Lieferung gegen Entgelt. Der Unternehmer gilt in diesem Land als Lieferer. Unter den Voraussetzungen des § 6a Abs. 2 UStG ist diese Lieferung eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung.
- Im Bestimmungsmitgliedstaat gilt dieses Verbringen als innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt. Der Unternehmer gilt in diesem Land als Erwerber. Die entstehende Erwerbsteuer kann er unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG als Vorsteuer abziehen.
Das innergemeinschaftliche Verbringen muss – wie eine innergemeinschaftliche Lieferung und ein innergemeinschaftlicher Erwerb – aufgezeichnet und gegenüber der Finanzverwaltung gemeldet werden.
Die Finanzverwaltung hatte schon früher in Abschn. 1a.2 UStAE Vereinfachungsregelungen zum innergemeinschaftlichen Verbringen geregelt. U. a. können bei Lieferungen, die ein Unternehmer regelmäßig aus einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft an eine Vielzahl Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat ausführt, die Lieferungen statt als steuerbare, aber steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen im Ausgangsmitgliedstaat zuerst als ein innergemeinschaftliches Verbringen zur eigenen Verfügung und eine daran anschließende Lieferung durch den Verkäufer im Bestimmungsmitgliedstaat erfasst werden.
Unternehmer U produziert in Bayern Weißwürste und liefert diese Weißwürste regelmäßig an eine größere Anzahl von Gastwirten im grenznahen Bereich in Österreich.
Grundsätzlich würde U in Deutschland steuerbare Lieferungen (Ort nach § 3 Abs. 5a i. V. m. Abs. 6 UStG in Deutschland) ausführen, die aber nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 6a Abs. 1 UStG steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen wären. Die Umsätze müssten von U in seiner Zusammenfassenden Meldung angegeben und von den Kunden in Österreich im Rahmen von innergemeinschaftlichen Erwerben besteuert werden.
U kann aber die Gesamtmenge seiner Lieferung als innergemeinschaftliches Verbringen an sich selber in Deutschland als steuerbare Lieferung (§ 3 Abs. 1a i. V. m. § 3 Abs. 6 UStG), die aber einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 2 UStG) gleichgestellt ist, behandeln. Gleichzeitig muss U – der aus diesem Grunde in Österreich zwingend zu veranlagen ist – in Österreich für den Gesamtbetrag der verbrachten Waren einen innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1a Abs. 2 i. V. m. § 3d Satz 1 UStG) besteuern, der auch nicht steuerfrei ist. Bemessungsgrundlage sowohl in Deutschland als auch in Österreich sind die Selbstkosten (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG).
Die Lieferungen von U an seine Kunden sind in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Inlandslieferungen, für die U seinen Kunden österreichische Umsatzsteuer berechnen muss.
Hintergrund der Regelung ist es, den Lieferer wie auch den Erwerber bei regelmäßig und an eine Vielzahl von Abnehmern ausgeführten Lieferungen aus dem innergemeinschaftlichen Meldeverfahren herauszuhalten, um den Umfang der Datenmenge zu begrenzen.
Die Anwendung der Vereinfachungsregelung ist aber davon abhängig, dass bestimmte, in Abschn. 1a.2 Abs. 14 UStAE enthaltene Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört u. a., dass die Finanzverwaltungen beider betroffenen Mitgliedstaaten mit der Anwendung einverstanden sind und dass der leistende Unternehmer in seinen Abrechnungen die USt-IdNr. des Bestimmungsmitgliedslands in der Rechnung mit angibt.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Das BMF-Schreiben ändert Abschn. 1a.2 Abs. 14 UStAE.
Die Finanzverwaltung präzisiert jetzt ihre Anweisung, nach der aus Vereinfachungsgründen ein innergemeinschaftliches Verbringen angenommen werden kann. Insbesondere ergeben sich 2 Verschärfungen bei den Voraussetzungen:
- Die Behörden beider von der Vereinfachungsregelung betroffener Mitgliedstaaten müssen d...