3.2.1 Erblasserschulden und Erbfallschulden
Aus dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge ergibt sich, dass auch die Schulden des Erblassers auf den Erben übergehen. Er haftet deshalb für die Nachlassverbindlichkeiten. Diese sog. Erblasserschulden können auf Vertrag oder anderen Rechtsgründen beruhen (Beispiele: Kaufpreisschulden, Kreditschulden, Steuerschulden usw.). Der Erbe tritt also insoweit in die Schuldnerposition des Erblassers ein.
Neben den vom Erblasser herrührenden Verbindlichkeiten, den Erblasserschulden, treffen den Erben auch die durch den Erbfall entstehenden Schulden, die sog. Erbfallschulden (§ 1967 Abs. 2 BGB), die steuerlich äußerst problematisch sind. Unter Erbfallschulden versteht man die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Geldvermächtnissen und Pflichtteilsrechten.
Grundsatz: Erbfallschulden sind keine Anschaffungskosten
Der Erbe oder die Erbengemeinschaft haben auch dann die Buchwerte des Erblassers nach § 6 Abs. 3 EStG fortzuführen, wie sie sich für diesen auf den Zeitpunkt des Todes nach den Vorschriften der laufenden Gewinnermittlung ergeben, wenn der Erwerb mit Erbfallschulden verbunden ist.
3.2.2 Geldvermächtnis
Ein Vermächtnis ist eine Verfügung von Todes wegen, durch die der Erblasser dem Bedachten, also dem Vermächtnisnehmer, einen Vermögensvorteil (z. B. ein Grundstück oder einen Geldbetrag) zuwendet, ohne ihn als Erben einzusetzen. Vermächtnisse können sowohl in einem Testament als auch nach § 1941 BGB in einem Erbvertrag angeordnet werden. Der begünstigte Vermächtnisnehmer ist weder Gesamtrechts- noch Einzelrechtsnachfolger des Erblassers, sondern erwirbt lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf den ihm zugedachten Gegenstand gegen den mit dem Vermächtnis Beschwerten Gläubiger ist der Vermächtnisnehmer, Schuldner der Beschwerte, meist der Erbe. Erst mit der Übertragung geht der vermachte Vermögensgegenstand auf den Vermächtnisnehmer über.
Da der oder die Erben kraft Gesetzes unentgeltlich erwerben, können Vermächtnisse nicht als Entgelt für das geerbte Betriebsvermögen angesehen werden. Ein unentgeltlicher Erwerb vom Erblasser liegt auch vor, wenn der Erbe oder die Erbengemeinschaft mit einem Geldvermächtnis beschwert ist. Entstehung und Tilgung eines Vermächtnisses führen beim beschwerten Erben nicht zu Anschaffungskosten für das im Erbwege erlangte Betriebsvermögen, da die Vermächtnisschuld nicht durch die Absicht, steuerpflichtige Einnahmen zu erzielen, verursacht ist, sondern ihre Veranlassung unmittelbar in dem als Vorgang der Privatsphäre anzusehenden Erbfall findet. Die Erben müssen die Buchwerte des Erblassers fortführen, dem Vermächtnisnehmer entsteht kein "Veräußerungserlös". Das Vermächtnis ist einkommensteuerneutral.
Zinsen, die auf einer testamentarisch angeordneten Verzinsung eines erst 5 Jahre nach dem Tode des Erblassers fälligen betagten Vermächtnisanspruchs beruhen, sind beim Vermächtnisnehmer allerdings steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
Geldvermächtnis als Gestaltungsoption
Soll die Entstehung von Veräußerungsgewinnen vermieden werden, kann es sich empfehlen, das Kind, das den Betrieb fortführen soll, zum Alleinerben zu bestimmen und mit Geldvermächtnissen zu Gunsten der anderen Kinder zu belasten. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Aufwendungen zur Erfüllung des Geldvermächtnisses beim Alleinerben, der den Betrieb fortführt, nicht zu Anschaffungskosten führen.
Alleinerbe ist mit einem Geldvermächtnis beschwert
Durch Testament hat V seinen Sohn S als Alleinerben bestimmt. Seiner Tochter T hat V testamentarisch ein Geldvermächtnis von 100.000 EUR zugewendet. Zum Nachlass gehören ein Gewerbebetrieb im Wert von 200.000 EUR (Buchwert: 75.000 EUR) und ein Sparguthaben von 50.000 EUR.
S erwirbt kraft Gesetzes unentgeltlich, sodass er die Buchwerte des V von 75.000 EUR fortführen muss. Für T ist der Erwerb des Vermächtnisses ein privater nicht einkommensteuerpflichtiger Vorgang.