Leitsatz
1. Im zeitlichen Geltungsbereich des Alterseinkünftegesetzes geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen sind als Sonderausgaben nur beschränkt abziehbar (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 01.02.2006, X B 166/05, BFH/NV 2006, 876, BFH/PR 2006, 152). Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Altersvorsorgeaufwendungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes nicht als Freibetrag auf der LSt-Karte eingetragen werden können.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3, Abs. 4a, § 10c Abs. 2, Abs. 5, § 22 Nr. 1 S. 3a aa, § 37 Abs. 3 S. 5, § 39a Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 39b Abs. 2 S. 6 Nr. 3 EStG 2006, Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Der 1959 geborene Kläger ist als Steuerberater nicht selbstständig tätig. Er beantragte im LSt-Ermäßigungsverfahren, die von ihm als Werbungskosten angesehenen bei den sonstigen Einkünften zu leistenden Beiträge zum Versorgungswerk als Freibetrag auf der LSt-Karte einzutragen. Dies lehnte das FA ab.
Vorverfahren und Klage blieben erfolglos. Das FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2006, 10 K 171/06, Haufe-Index 1874818) war der Auffassung, eine Eintragung der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen auf der LSt-Karte scheide gem. § 39a Abs. 1 Nr. 2 EStG aus. Der Unterschied zu den ESt-Vorauszahlungen beruhe auf der typisierend geregelten LSt-Erhebung und bewege sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.
Entscheidung
Der BFH sah das ebenso und bejahte sowohl die Verfassungsmäßigkeit der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen als auch die fehlende Eintragungsfähigkeit der freiwillig geleisteten Beiträge an das Versorgungswerk.
Hinweis
Die Besonderheit dieser Entscheidung im Vergleich zu der vorhergehenden Entscheidung (BFH, Urteil vom 18.11.2009, X R 34/07, BFH/NV 2010, 306, BFH/PR 2010, 87) ist zum einen, dass es hier nicht um die Abziehbarkeit von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung ging, sondern um solche zu einem berufsständischen Versorgungswerk. Zum anderen galt es zu entscheiden, ob freiwillig geleistete Altersvorsorgeaufwendungen als Freibetrag auf der LSt-Karte eingetragen werden können.
1. Der X. Senat sieht die Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Beiträgen zu berufsständischen Versorgungswerken als verfassungsmäßig an. Die in dem vorstehenden Urteil auf die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bezogenen fünf Grundsätze gelten auch für Beiträge zu den Versorgungswerken. Dies dürfte nicht erstaunen, da beide Altersvorsorgemöglichkeiten steuerlich gleich behandelt werden, unabhängig davon, dass die gesetzliche Rentenversicherung auf dem Umlageverfahren beruht, während für die berufsständischen Versorgungswerke entweder das Verfahren der Anwartschaftsdeckung oder das offene Deckungsplanverfahren gilt. Der Gesetzgeber war berechtigt, alle Beiträge, die im Rahmen des sog. Drei-SchichtenModells zur sog. Basisversorgung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG erbracht werden, steuerlich einheitlich zu regeln.
2. Die Beiträge an das Versorgungswerk können auch nicht als Freibetrag auf der LSt-Karte gem. § 39a EStG eingetragen werden. Es handelt sich zum einen bei den Altersvorsorgebeiträgen aufgrund ihrer konstitutiven Zuordnung zu den Sonderausgaben nicht um Werbungskosten. Zum anderen ergibt sich aus der enumerativen Aufzählung des § 39a Abs. 1 Nr. 2 EStG, dass Sonderausgaben des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStGnicht eintragungsfähig sind.
3. Der X. Senat hält – wie auch der größte Teil des Schrifttums – die fehlende Eintragungsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen für verfassungsrechtlich unbedenklich, obwohl sie im Rahmen der Veranlagung berücksichtigt werden dürfen. Die unterschiedliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen im Vorauszahlungs- und im LSt-Abzugsverfahren stellt keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar, sondern ist schon dadurch gerechtfertigt, dass beim LSt-Abzug die Vorsorgeaufwendungen durch die Vorsorgepauschale des § 10c Abs. 2, Abs. 5 i.V.m. § 39b Abs. 2 S. 6 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden. Aus diesem Grund ist es nach Ansicht des X. Senats hinnehmbar, dass im Rahmen der Vorsorgepauschale die bei der Günstigerprüfung ggf. zu berücksichtigenden höheren Beiträge für Vorsorgeaufwendungen bis zur Jahresveranlagung unberücksichtigt bleiben, auch wenn hiervon betroffene Arbeitnehmer einen geringen Zinsverlust erleiden.
4. Es ist zudem nicht zu beanstanden, dass im Rahmen von § 39a EStG und in § 10c Abs. 2 EStGkeine Sonderregelung für Beiträge i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG getroffen wurde, die über die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hinausgehen. Es handelt sich dabei vor allem um Arbeitnehmer, wie den Kläger, die erhöhte (freiwillige) Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung leisten. Da die Beeinträchtigung durch den Zins- und Liquidit...