Leitsatz
Die in § 4 Abs. 5b EStG angeordnete Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer ist verfassungsgemäß.
Normenkette
§ 4 Abs. 5b, § 35 Abs. 1 EStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 GG
Sachverhalt
Das FA rechnete bei Erlass des Gewinnfeststellungsbescheids 2008 für eine OHG die als Betriebsausgabe abgezogene GewSt von ca. 44.000 EUR wegen des Abzugsverbots nach § 4 Abs. 5b EStG außerbilanziell hinzu. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der die Verfassungswidrigkeit des Abzugsverbots geltend gemacht wurde, hatte vor dem FG keinen Erfolg (FG Nürnberg, Urteil vom 2.2.2012, 6 K 1495/10, Haufe-Index 3642386).
Entscheidung
Auch die Revision blieb erfolglos. Der BFH hielt das Abzugsverbot für verfassungskonform.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft die erstmals im Streitjahr 2008 geltende Regelung des § 4 Abs. 5b EStG, mit dem der steuerliche Betriebsausgabenabzug des GewSt-Aufwands abgeschafft wurde. Mit der Klage wurde geltend gemacht, der Abzug sei systemwidrig und deshalb auch verfassungswidrig. Dies hatte der BFH allerdings bereits in einem Urteil vom 16.1.2014 (I R 21/12, BFH/NV 2014, 967, BFH/PR 2014, 213, BStBl II 2014, 531) verneint, seinerzeit aber nur in Bezug auf die KSt. Mit dem hiesigen Urteil wird nun auch die Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots bei der ESt bestätigt.
2. Die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 5b EStG kann nicht isoliert von anderen Regelungen, die sich auf das Verhältnis der GewSt zu anderen Ertragsteuern auswirken, beurteilt werden. Bei der ESt ist die typisierte Anrechnung der GewSt gemäß § 35 EStG zu berücksichtigen, die im Ergebnis zur Beseitigung der Belastungswirkung der GewSt bei Personenunternehmen führen soll. Um dies auch nach Einführung des Abzugsverbots bei der ESt weiter zu gewährleisten, wurde der Anrechnungsumfang entsprechend erweitert, indem der Anrechnungsfaktor von 1,8 auf 3,8 % erhöht wurde. Sieht das Gesetz aber zumindest typisiert eine vollständige Entlastung von der GewSt durch entsprechende Minderung der tariflichen ESt vor, kann das Verbot des Abzugs als Betriebsausgabe keinen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und keine Übermaßbesteuerung zur Folge haben. Dieses Argument ließe sich allenfalls in Bezug auf die KSt bemühen, muss dort aber in Zusammenhang mit der gleichzeitigen Senkung des KSt-Tarifs von 25 % auf 15 % gesehen werden.
3. Keine Bedeutung für die Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots haben ggf. bei der GewSt selbst eintretende Überbelastungen. Diese müssen ihrerseits auf eine Vereinbarkeit mit der Verfassung geprüft werden, wie etwa die Ausweitung der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG. Hinsichtlich der Hinzurechnung von Mieten und Pachten hat das FG Hamburg Verfassungswidrigkeit angenommen und das BVerfG angerufen (Az. des BVerfG 1 BvL 8/12). Der I. Senat des BFH hat demgegenüber die Verfassungsmäßigkeit ausdrücklich bestätigt (BFH, Urteil vom 4.6.2014, I R 70/12, BFH/NV 2014, 1850, BFH/PR 2014, 426, BStBl II 2015, 289).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.9.2015 – IV R 8/13