Leitsatz
Bei Bewohnern eines Altenheimes, die sowohl den Behindertenpauschbetrag als auch haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch nehmen, kann es tatbestandlich zu einzelnen Überschneidungen kommen. Da der Gesetzgeber die doppelte Berücksichtigung derselben Aufwendungen vermeiden will, sind im Zweifel berücksichtigungsfähige Aufwendungen nach § 35a EStG um den Pauschbetrag nach § 33b EStG zu kürzen.
Sachverhalt
Im Streitjahr bewohnte die Klägerin ein von ihr gemietetes Appartement in einem Wohnstift. In dem monatlichen Entgelt waren Kosten für Leistungen i. S. d. § 35a EStG in Höhe von 3.176 EUR enthalten. Von diesem Betrag entfielen 1.284 EUR auf die Vorhaltung einer Krankenpflege. Daneben gab sie Aufwendungen für einen Umzug innerhalb des Wohnheims in Höhe von 591 EUR als "haushaltsnahe Dienstleistungen Hilfe im Haushalt" und Renovierungsaufwendungen als "Handwerkerleistungen" in Höhe von 1.375 EUR an. Darüber hinaus begehrte sie den Ansatz eines Behindertenpauschbetrages nach § 33b Abs. 3 Satz 2 EStG in Höhe von 720 EUR, da ihr GdB 60 betrug. Das FA erkannte die nach § 35a EStG geltenden gemachten Aufwendungen an, lehnte aber die Gewährung des Behindertenpauschbetrages ab, da der Ansatz der Pflegeaufwendungen nach § 35a EStG günstiger sei. Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor, dass die vorgenommene Streichung des Behindertenpauschbetrages die Gleichstellung von Behinderten und Nichtbehinderten bei einer Unterbringung in einem Altenwohnstift zur Folge habe.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG fallen die geltend gemachten Aufwendungen sowohl unter § 35a Abs. 2 EStG als auch unter § 33b EStG. Im Zweifel sind die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen nach § 35a EStG um den Pauschbetrag nach § 33b EStG zu kürzen, da der Gesetzgeber die doppelte Berücksichtigung derselben Aufwendungen vermeiden wolle. Das FG verweist in seiner Entscheidung auf § 35a Abs. 5 EStG, wonach die Inanspruchnahme der Steuerermäßigungen nach § 35a Abs. 1 - 3 EStG nur ausgeschlossen sind, soweit die Aufwendungen nicht nach § 33 EStG berücksichtigt wurden. Dies bedeutet, dass sich der Ausschluss nur auf den Umfang bezieht, in dem Aufwendungen tatsächlich bei der Ermittlung des Einkommens in Abzug gebracht wurden. Für den Streitfall bedeutet dies, dass die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen der Klägerin nach § 35a EStG um den in Anspruch genommenen Pauschbetrag nach § 33b EStG i.H.v. 720 EUR zu kürzen sind. Aufgrund des individuellen Steuersatzes der Klägerin ergibt sich hieraus insgesamt eine Steuerherabsetzung.
Hinweis
Das FG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zugelassen (Az. VI R 12/12). In vergleichbaren Fällen sollte daher gegen den Steuerbescheid Einspruch eingelegt und unter Hinweis auf das Verfahren beim BFH das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragt werden
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 19.01.2012, 10 K 338/11