a) Konkurrenzverhältnis zwischen der Umsatzsteuerhinterziehung für Voranmeldungszeiträume und für das Kalenderjahr
Eintritt der Tatvollendung bei Steuerhinterziehung: Die Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuer-Voranmeldung führt ebenso wie das pflichtwidrige Unterlassen der Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung zunächst lediglich zu einer Steuerhinterziehung "auf Zeit". Erst die Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuer-Jahreserklärung oder die pflichtwidrige Nichtabgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung bewirkt die endgültige Steuerverkürzung, also die Verkürzung "auf Dauer". Eine Vollendung tritt bei der Steuerhinterziehung, bei der es sich nicht lediglich um ein Erklärungsdelikt, sondern auch um ein Erfolgsdelikt handelt, erst ein, wenn durch die Tathandlung Steuern verkürzt werden oder der Täter für sich oder andere ungerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
Deswegen kommt der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuer-Jahreserklärung (§ 18 Abs. 3 UStG) im Verhältnis zu den vorangegangenen unzutreffenden Umsatzsteuer-Voranmeldungen in demselben Kalenderjahr (§ 18 Abs. 1 UStG) in steuerstrafrechtlicher Hinsicht ein selbständiger Unrechtsgehalt zu. Dies gilt selbst dann, wenn die unrichtigen Angaben in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung und den vorangegangenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen inhaltlich übereinstimmen, womit letztlich nur eine Wiederholung der unrichtigen Angaben erfolgte. Zwar beziehen sich die Voranmeldungen und die Jahreserklärung auf dieselbe Steuerart und dasselbe Steueraufkommen des jeweiligen Jahres. Beiden Arten von Steuererklärungen kommt jedoch ein eigenständiger Erklärungswert zu, der auch durch die Zusammenfassung in der Jahreserklärung nicht deckungsgleich wird. Bei der Verkürzung von Umsatzsteuern durch Voranmeldungen einerseits und durch die entsprechende unrichtige Jahreserklärung desselben Kalenderjahres andererseits handelt es sich deswegen um materiell-rechtlich selbständige Taten i.S.d. § 53 StGB. Dies hat zur Folge, dass bei monatlich abzugebenden Voranmeldungen bis zu 13 materiell voneinander unabhängige Taten der Steuerhinterziehung möglich sind. Insoweit ist unerheblich, ob der Täter bereits bei Abgabe der Voranmeldung Vorsatz bzgl. einer endgültigen Hinterziehung der Umsatzsteuer hatte. Die Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhanges gibt es im Steuerstrafrecht nicht.
Hinsichtlich der Strafzumessung ist aber das Verhältnis zwischen Voranmeldungen und Jahreserklärung regelmäßig eines der Gesetzeskonkurrenz in Form der mitbestraften Vortaten. Dafür spricht, dass durch die Umsatzsteuer-Jahreserklärung alle zuvor erfolgten Voranmeldungen für den gesetzlich relevanten Besteuerungszeitraum zusammengefasst und abgeschlossen werden. Das gilt sowohl für die Abgabe falscher Voranmeldungen im Verhältnis zur falschen Jahreserklärung, für die Nichtabgabe von Voranmeldungen und Jahreserklärung als auch für die Nichtabgabe von Voranmeldungen und Abgabe einer unvollständigen Jahreserklärung. Dadurch wird deutlich, dass es um die Hinterziehung einer auf das Kalenderjahr bezogenen Steuer geht (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG).
Außerdem ist bei Steuererstattungen aufgrund falscher Umsatzsteuer-Voranmeldungen und einer unterlassenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung auf die Steuerhinterziehungen bzgl. der Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzustellen, da es sich hierbei um die relevanten Verfehlungen des Steuerpflichtigen handelt. Entsprechendes gilt für die Unterlassungsvariante, d.h. eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen durch die Nichtabgabe der Voranmeldung tritt hinter die Nichtabgabe der Jahreserklärung des nämlichen Jahres zurück. Das setzt aber jeweils voraus, dass die unrichtigen oder unterlassenen Angaben in den Voranmeldungen in der Jahreserklärung lediglich wiederholt werden, so dass insofern Identität besteht.
Diese konkurrenzrechtliche Beurteilung gilt aber nur für den durchgängigen Falscherklärungsfall, also die Situation aufeinander folgender Steuerhinterziehungen durch "aktives" Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Insofern sind die Taten betreffend die Voranmeldungen regelmäßig Durchgangsdelikte, deren Unrechtsgehalt aber nicht über denjenigen der Haupttat hinausgeht. Diese Taten bereiten quasi nur die intensivere Haupttat, die in der Abgabe der unrichtigen Jahreserklärung liegt, vor. Dies ist der Fall, wenn die Hinterziehungstat, die unrichtige Jahreserklärung betreffend, mangels Zustimmung der Finanzbehörde im Versuchsstadium stecken geblieben ist. Insoweit wird der Unrechtsgehalt der Vortaten (Abgabe unrichtige Voranmeldungen) nicht von der Haupttat (Abgabe unrichtige Jahreserklärung) vollständig abgedeckt, selbst wenn der Täter mit der Jahreserklärung einen über die durch die Voranmeldungen in der Summe erlangte Erstattung hinausgehenden höheren Erstattungsbetrag zu erlangen versuchte.
Werden in den Voranmeldungen unzutreffende Angaben gemacht, aber keine Jahreserklärung eingereicht, scheidet hingegen eine Verurteilung wegen der Nichtabgabe der Jahreserklärung aus. Die Umsatzsteuer-Voranmeldungen einerseits und die Umsatzsteuer-Jahres...