Leitsatz
Überträgt ein gewerblich tätiger Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (sog. Zebragesellschaft) ein Wirtschaftsgut seines Betriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen der vermögensverwaltenden Personengesellschaft, führt dies steuerlich nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven bei dem Gesellschafter, soweit dieser an der Zebragesellschaft betrieblich beteiligt ist.
Normenkette
§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 4 Abs. 1, § 5, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Eine gewerblich tätige KG war zu 99 % an einer rein vermögensverwaltenden KG beteiligt, hielt allerdings nicht die Mehrheit der Stimmrechte, sodass keine Betriebsaufspaltung vorlag. Die Obergesellschaft veräußerte ein Betriebsgrundstück zum Preis von 8 Mio. DM (Buchwert ca. 1 Mio. DM) an die vermögensverwaltende KG und mietete es von dieser zurück. Sie war der Meinung, durch die Veräußerung sei nur 1 % der stillen Reserven aufgedeckt worden, während das FA von einer vollständigen Realisierung der stillen Reserven ausging.
Die gegen den entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheid von der Obergesellschaft erhobene Klage hatte zunächst keinen Erfolg. Das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.9.2009, 3 K 869/04, Haufe-Index 2306192, EFG 2010, 729) teilte die Auffassung des FA.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision statt und entschied, das Grundstück sei in Höhe des Anteils der Obergesellschaft an der vermögensverwaltenden KG auch nach der zivilrechtlichen Veräußerung weiter Betriebsvermögen der Obergesellschaft geblieben. Deshalb sei insoweit kein steuerlicher Veräußerungstatbestand verwirklicht worden.
Hinweis
1. Das Urteil enthält grundsätzliche Ausführungen zur ertragsteuerlich unterschiedlichen Behandlung von unternehmerisch tätigen und rein vermögensverwaltenden Personengesellschaften.
Für unternehmerisch tätige Gesellschaften ("Mitunternehmerschaften") gilt der Grundsatz, dass die Personengesellschaft als Steuerrechtssubjekt bei der Qualifikation und der Ermittlung der Einkünfte behandelt wird, obgleich Subjekt der Einkünfteerzielung der Gesellschafter ist. Das Gesellschaftsvermögen einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft wird für Zwecke der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung deshalb nicht den Gesellschaftern anteilig zugeordnet, sondern ist im Rahmen der einheitlichen Gewinnermittlung Betriebsvermögen der Gesellschaft. Anders verhält es sich bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, die nicht als Subjekt für die Ermittlung der Überschusseinkünfte behandelt wird. Dementsprechend wird ihr auch kein "Einkunftserzielungsvermögen" zugeordnet, sondern es kommt zur Aufteilung des Gesellschaftsvermögens auf die Gesellschafter nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.
2. Ist ein Unternehmer an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, behandelt die Rechtsprechung "den Anteil" an der vermögensverwaltenden Gesellschaft als Betriebsvermögen des Unternehmers. Gemeint ist damit, dass die auf den Unternehmer entfallenden Anteile an den Wirtschaftsgütern der vermögensverwaltenden Gesellschaft Betriebsvermögen des Unternehmers sind. Dazu ist nicht erforderlich, dass jedes dieser Wirtschaftsgüter auch in einem Zusammenhang mit seinem Betrieb steht. Im Urteilsfall war dies bei dem übertragenen Grundstück der Fall, weil es weiter für betriebliche Zwecke des Gesellschafters genutzt wurde. Aber auch an Dritte vermietete oder verpachtete Güter werden als anteiliges Betriebsvermögen des Unternehmer-Gesellschafters behandelt. Dies erklärt sich daraus, dass der Unternehmer durch den betrieblich veranlassten Erwerb der Beteiligung zum Ausdruck gebracht hat, die Anteile an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gütern als Betriebsvermögen behandeln zu wollen; sie sind damit zu gewillkürtem Betriebsvermögen geworden.
In seiner Handelsbilanz wird der Unternehmer die Beteiligung als Vermögensgegenstand des Anlagevermögens mit den Anschaffungskosten auszuweisen haben. In die Steuerbilanz müssen stattdessen die Anteile an den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens aufgenommen werden.
3. Aus der Zuordnung des anteiligen Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen des Gesellschafters folgt, dass die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an dem Wirtschaftsgut zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ertragsteuerlich in dem Umfang keine Folgen auslöst, zu dem der Gesellschafter an dem Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Deshalb hatte im Urteilsfall die Veräußerung des Grundstücks vom Gesellschafter an die vermögensverwaltende Gesellschaft in Höhe seiner Beteiligung von 99 % keine ertragsteuerliche Auswirkungen. Statt des gesamten Grundstücks weist der Gesellschafter nach der Übertragung nur noch 99 % des Grundstücks in seiner Steuerbilanz aus. Der erhaltene Kaufpreis stellt eine Einlage des Gesellschafters in sein Betriebsvermögen dar.
4. Das FA hatte im Urteilsfall Sorge, dass bei dieser Betrachtung 99 % der stillen Reserven der Besteuerung entzogen würden. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn zu 99 % sind die stillen Reser...