Leitsatz
Die Beschränkung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG ist verfassungsgemäß.
Normenkette
§ 23 Abs. 3 Satz 9 EStG
Sachverhalt
Der Kläger berücksichtigte im Streitjahr 2000 bei der Ermittlung seiner gewerblichen Einkünfte u.a. Verluste aus Aktiengeschäften. Die im Lauf des Streitjahrs für Aktienkäufe verwandten betrieblichen Mittel hatte er in seinem Gewerbebetrieb als Entnahme und die Erlöse aus Aktienverkäufen als Einlage gebucht. In einer für das Streitjahr erstellten Arbeitsbilanz vom 4.10.2001 wies der Kläger erstmals die Wertpapiere als Gegenstände des Betriebsvermögens (Umlaufvermögens) aus, stornierte die vorangegangenen Entnahme- und Einlagebuchungen und buchte sie auf ein Bestandskonto "Wertpapiere" im Umlaufvermögen um.
FA und FG ordneten den Verlust aus Aktiengeschäften den sonstigen Einkünften nach § 23 EStG zu und versagten den Verlustausgleich mit den gewerblichen Einkünften. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG zutreffend entschieden, dass die Wertveränderungen der Aktien sowie die Erlöse und Verluste des Klägers aus Aktienverkäufen nicht bei seinen gewerblichen Einkünften zu berücksichtigen sind. Der Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs sowie die Beschränkung der Verlustverrechnung in § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften in Rücktrags- und Vortragsjahren sei verfassungsgemäß und führe im Ergebnis hinsichtlich der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu einer zutreffenden Ermittlung des Totalgewinns.
Hinweis
1. Die Einlage von Aktien als gewillkürtes Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs scheidet aus, wenn im Zeitpunkt der Einlage bereits feststeht, dass sie dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen.
2. Die aus dem (privaten) An- und Verkauf solcher Aktien erzielten Verluste können schon nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG nicht mit positiven Einkünften aus dem Gewerbebetrieb im Weg des sog. vertikalen Verlustausgleichs verrechnet werden. Etwas anders könnte nur gelten, wenn diese Regelungen wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig wären.
a) Dabei ist die Besteuerung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. ab 1999 nach der Rechtsprechung verfassungsgemäß (vgl. BFH, Urteil vom 29.11.2005, IX R 49/04, BFH-PR 2006, 103).
Im Übrigen ist die Rechtsprechung bereits in der Vergangenheit einheitlich übereinstimmend von der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen in § 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStG ausgegangen (vgl. BFH, Urteil vom 1.6.2004, IX R 35/01, BFH-PR 2004, 394; vgl. FG Düsseldorf, Urteile vom 29.4.2004, 14 K 2210/03 Kg, EFG 2004, 1306, rkr.; vom 29.9.2005, 16 K 1483/03 E, Revision anhängig unter IX R 43/05; vom 29.9.2005, 16 K 1482/03 E, EFG 2006, 468, Revision anhängig unter IX R 42/05).
b) Eine nach Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrige Ungleichbehandlung wäre nur gegeben, wenn es keinen sachlichen Grund für den Ausschluss der Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften vom vertikalen Verlustausgleich aufgrund der gebotenen Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit gäbe (vgl. BVerfG, Urteil vom 6.3.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, m.w.N.). Dabei darf der Gesetzgeber insbesondere die Möglichkeit des Steuerpflichtigen berücksichtigen, zwischen verschiedenen Begünstigungs- oder Belastungsalternativen zu wählen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.10.2004, 2 BvR 246/98, HFR 2005, 56).
Diese Möglichkeit besteht – anders als bei anderen Einkunftsarten – insbesondere bei privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG, weil der Gesetzgeber den Steuertatbestand allein an die Abwicklung von Veräußerungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Erwerb des später veräußerten Objekts geknüpft und damit dem Steuerpflichtigen die Option eröffnet hat, durch die Wahl des Veräußerungszeitpunkts über den Eintritt des Steuertatbestands zu entscheiden. Diese Dispositionsmöglichkeit rechtfertigt es, die streitigen Einkünfte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG von dem vertikalen Verlustausgleich nach Maßgabe des § 10d EStG auszuschließen und den Verlustausgleich nur durch Verrechnung mit positiven Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in früheren oder späteren Veranlagungszeiträumen nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG zuzulassen.
Andernfalls hätte es der Steuerpflichtige in der Hand, einerseits Verluste Steuer mindernd geltend zu machen, aber andererseits Gewinne durch entsprechende Disposition über den Zeitpunkt der Veräußerung steuerfrei vereinnahmen zu können. Damit würde der Steuerpflichtige mit seinen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften gegenüber Steuerpflichtigen mit (ausschließlichen) Einkünften aus anderen Einkunftsarten im Hinblick auf den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ohne hinreichenden sachlichen Grund begünstigt.
Das sog. Nettoprinz...