Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Sterbegeldversicherungen mit einem Sparanteil i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG können bei vorzeitigem Rückkauf zu negativen Einkünften aus § 20 EStG führen, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Absicht bestand, einen Überschuss der Versicherungsleistung über die eingezahlten Beträge hinaus zu erzielen.
Sachverhalt
Streitig war die Anerkennung von Verlusten aus der Kündigung von Sterbegeldversicherungen mit Sparanteilen. Die Ehefrau schloss 2005, der Ehemann 2007 eine Sterbegeldversicherung beim selben Versicherungsunternehmen ab. Zum 31.08.2010 kündigten die Eheleute ihre Sterbegeldversicherungen. Das Versicherungsunternehmen stellte die eingezahlten Beiträge den Rückkaufwerten gegenüber und bescheinigte sowohl der Klägerin als auch dem Kläger jeweils einen Verlust aus Kapitalerträgen. Das Finanzamt erkannte diese Verluste bei der Einkommensteuerveranlagung 2010 nicht an, da es die Ansicht vertrat, hinsichtlich der Beurteilung der Überschusserzielungsabsicht sei auf den Beginn der steuerbaren Tätigkeit abzustellen. Die steuerbare Tätigkeit habe vorliegend nicht mit dem Vertragsabschluss, sondern erst mit dem Rückkauf begonnen, weil in den Versicherungen keine Erlebensfallleistung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG vereinbart worden sei.
Entscheidung
Das FG entschied, dass der Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung bei Rückkauf und den auf sie entrichteten Beiträgen nur dann zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehört, wenn die Absicht bestand, einen Überschuss der Versicherungsleistung über die eingezahlten Beiträge hinaus zu erzielen. Dies war im Streitfall jedoch nur für die Versicherung der Klägerin zu bejahen. Zur Beurteilung der Überschusserzielungsabsicht ist jedoch entgegen der vom FA vertretenen Auffassung nicht auf den Zeitpunkt des Rückkaufs, sondern auf den des Vertragsabschlusses abzustellen. Für Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG ist der Grundsatz, dass eine Überschusserzielungsabsicht vorliegen muss, nach Auffassung des FG dahingehend zu modifizieren, dass hierbei auch beabsichtigte, zunächst nicht steuerbare Einnahmen einfließen müssen.
Hinweis
Nach Auffassung des FG kommt es in derartigen Fällen entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige bei Vertragsschluss den Vertrag als ertragbringend ansehen konnte, wobei nichtsteuerbare Einnahmen in die Betrachtung mit einzubeziehen sind. Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt, die unter dem Az. VIII R 25/14 anhängig ist.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 11.02.2014, 1 K 1465/13