Leitsatz
Verluste einer Kapitalgesellschaft aus spekulativen Geschäften stellen keine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wenn die Kapitalgesellschaft dabei mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, und die Art und Weise, wie die spekulativen Geschäfte getätigt und verbucht werden, keine vornehmlich private Veranlassung der Geschäfte durch die Gesellschafter erkennen lassen.
Sachverhalt
Alleiniger Gesellschafter der A-GmbH, die seit 1986 existiert, ist A. Unternehmensgegenstand der A-GmbH ist im Wesentlichen die Beratung von Apotheken in wirtschaftlichen und organisatorischen Fragen. Darüber hinaus befasst sich die GmbH seit längerer Zeit mit dem An- und Verkauf von Papieren und Devisen. Bei den Wertpapiergeschäften handelte es sich im Wesentlichen um Aktiengeschäfte und zum kleinen Teil um Aktienoptionsgeschäfte. Ferner tätigte die GmbH Future-Geschäfte, d.h. es wird mit dem Kurs bestimmter Aktien oder ganzer Aktienkörbe (z.B. DAX) zu bestimmten Terminen gehandelt. Die A-GmbH hat jeweils der Bank entsprechende Aufträge erteilt. Die A-GmbH erwirtschaftete in 1991 einen Verlust aus den Wertpapiergeschäften in Höhe von 160 TDM. In 1995 entstanden der GmbH durch die getätigten Wertpapier- und Future-Geschäfte Verluste von insgesamt 3.436 TDM. Das Finanzamt behandelt die Verluste aus den Geldanlagegeschäften als verdeckte Gewinnausschüttung, da die getätigten Spekulationsgeschäfte ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hätten.
Entscheidung
Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verfügen Kapitalgesellschaften steuerlich gesehen über keine außerbetriebliche Sphäre. Aufgrund dessen gehören die von der A-GmbH ausgeübten Devisen- und Warentermingeschäfte zum Betriebsvermögen und stellen die von ihr hieraus erlittenen Verluste ebenso wie die Kursverluste Betriebsausgaben dar; bei den daraus erzielten Gewinnen handelt es sich um Betriebseinnahmen. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen dem ursprünglichen Unternehmensgegenstand der GmbH (Beratung von Apotheken in wirtschaftlichen und organisatorischen Fragen) und den getätigten Risikogeschäften kein enger Veranlassungszusammenhang besteht. Die Übernahme der Verluste aus Geschäften, wie den von der A-GmbH getätigten, kann dennoch u.U. als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden können (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Unterhält eine Kapitalgesellschaft nur im Interesse eines oder mehrerer Gesellschafter ein Wirtschaftsgut und tätigt sie aus diesem Grunde Geschäfte, so ist, wenn ihr hieraus Verluste entstehen, ohne dass sich der oder die Gesellschafter zu einem Verlustausgleich verpflichtet haben, in dem Verzicht auf die Vereinbarung eines Aufwendungsersatzanspruchs in Höhe des im jeweiligem Veranlagungszeitraum angefallenen Verlustes und ggf. zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlages eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die getätigten Geschäfte nicht nur auf einzelne Vorfälle beziehen, sondern den gesamten Betrieb oder einzelne selbstständige Tätigkeitsbereiche des Betriebes betreffen.
Unter Berücksichtigung des Verhaltens eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters liegt dann regelmäßig eine verhinderte Vermögensmehrung vor. Ein solcher würde für die Kapitalgesellschaft eine derartige Verlusttätigkeit nicht ohne Verlustausgleich und nicht ohne die Verwendung eines Aufwendungsersatzes zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlages übernehmen. Von diesen Grundsätzen ist aber nicht von vornherein auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft sich entschließt, risikobehaftete Termingeschäfte zu tätigen. Denn es ist Sache der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung, solche Geschäfte und die damit verbundenen Chancen, zugleich aber auch Verlustgefahren wahrzunehmen. Die Übernahme der Risiken wird sich vielmehr nur bei ersichtlich privater Veranlassung als Verlustverlagerung zu Ungunsten der Gesellschaft darstellen bzw. dann, wenn die Spekulationsverluste die Gesellschaft trägt, Spekulationsgewinne jedoch an den oder die Gesellschafter abzuführen sind, oder wenn sich die Gesellschaft erst zu einem Zeitpunkt zur Übernahme der Geschäfte entschließt, in dem sich eine dauerhafte Verlustsituation bereits konkret abzeichnet. Tätigt eine Kapitalgesellschaft derartige Geschäfte, muss festgestellt werden, ob dadurch in erster Linie private Neigungen und Interessen der Gesellschafter befriedigt werden. Da aufgrund eines erzielten Totalgewinns Gewinnerzielungsabsicht anzunehmen war und auch aus der Art und Weise wie die Geschäfte getätigt und verbucht worden sind, eine vornehmlich private Veranlassung der Geschäfte nicht zu erkennen war, sind die Verluste aus den Spekula...