Dipl.-Finw. (FH) Anna M. Nolte
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung wirkt wie ein Grundlagenbescheid für die Einkommensteuerfestsetzung des folgenden VZ und für den auf den nachfolgenden Feststellungszeitpunkt zu erlassenden Feststellungsbescheid. Dies folgt aus dem Verweis in § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG auf § 171 Abs. 10 AO (Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist des Folgebescheids), auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (Änderung von Folgebescheiden zur Anpassung an den Grundlagenbescheid) sowie auf § 351 Abs. 2 AO und § 42 FGO (Anfechtungsbeschränkung des Folgebescheids).
Von dieser Bindungswirkung enthält § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG eine Ausnahme. Danach dürfen die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung insoweit abweichend von § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt. Der verbleibende Verlustvortrag kann in diesen Fällen unabhängig von den der Steuerfestsetzung zugrunde gelegten Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden.
Ist eine Änderung oder Berichtigung des Einkommensteuerbescheids unabhängig von der Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Einkommensteuer verfahrensrechtlich nach § 173 AO nicht mehr möglich, greift die Bindungswirkung der Einkommensteuerfestsetzung für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags. Entsprechendes gilt für die Körperschaftsteuer und für die Gewerbesteuer.
Die Anfechtung eines auf 0 EUR lautenden Steuerbescheids ist zulässig, wenn geltend gemacht wird, dass eine den verbleibenden Verlustvortrag erhöhende Besteuerungsgrundlage darin nicht berücksichtigt sei. Damit wird die negative Bindungswirkung des Steuerbescheids beseitigt. Geht es aber um die Höhe des im Steuerbescheid festgestellten verbleibenden Verlustabzugsbetrags (= positive Bindungswirkung), ist der Verlustfeststellungsbescheid anzufechten, da im Steuerbescheid nicht über die Berechnung des verbleibenden Verlustvortrags entschieden wird.
Im Verlustentstehungsjahr nicht ausgeglichene Verluste sind in einen vorangegangenen, nicht festsetzungsverjährten VZ auch dann zurückzutragen, wenn für das Verlustentstehungsjahr selbst bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Werden die in einem VZ erzielten Verluste vollständig in den vorangegangenen VZ zurückgetragen, ist der verbleibende Verlustabzug mit 0 EUR gesondert festzustellen. Wird ein aus einem vorherigen VZ vorgetragener Verlustabzug in einem VZ vollständig verbraucht, ist ein Feststellungsbescheid über den verbleibenden Verlustabzug von 0 EUR zu erlassen.
Eine Unterscheidung nach Einkunftsarten und Einkunftsquellen ist nur insoweit vorzunehmen, als negative Einkünfte/Verluste aus besonderen Verlustverrechnungsbeschränkungsregelungen enthalten sind.
§ 15b EStG enthält besondere Verfahrensvorschriften.
Bindungswirkung der Feststellung an den ESt-Bescheid nach § 10d Abs. 4 EStG
Ein verbleibender Verlustvortrag ist auch dann erstmals gem. § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festzustellen, wenn ein ESt-Bescheid für das Verlustentstehungsjahr wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr erlassen werden kann. Eine durch § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG angeordnete Bindungswirkung, wonach bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen sind, wie sie der Steuerfestsetzung des VZ, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, zugrunde gelegt worden sind, besteht nicht, wenn keine ESt-Veranlagung durchgeführt worden ist.
Die Bindungswirkung des § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG gilt nicht, wenn anstelle einer Erklärung zur Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs ein Antrag auf Änderung eines bestandskräftigen Verlustfeststellungsbescheids abgegeben wird.