Leitsatz
Es steht einer gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nicht entgegen, wenn die Antragsfrist für eine Antragsveranlagung eines Arbeitnehmers versäumt wurde, so dass ein Einkommensteuerbescheid nicht mehr erlassen werden kann.
Sachverhalt
Im Streitjahr erzielte die Klägerin positive Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und geringe positive Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in beachtlicher Höhe. Die Einkommensteuererklärung wurde nach Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres eingereicht. Den Erlass eines Einkommensteuerbescheids lehnte das beklagte Finanzamt ab. Es vertrat die Ansicht, die Klägerin habe die Antragsfrist für eine Antragsveranlagung versäumt. Die Klägerin legte gegen den ihren Antrag ablehnenden Bescheid Einspruch ein, nahm ihn später jedoch wieder zurück. Anstelle einer Veranlagung beantragte die Klägerin nunmehr, den verbleibenden Verlustabzug auf den Ablauf des Streitjahres festzustellen. Das Finanzamt lehnte auch den Antrag auf Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs durch Bescheid ab und wies den eingelegten Einspruch mit Einspruchsentscheidung zurück. Die Klägerin erhob hierauf Klage und begehrte, das beklagte Finanzamt zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug des Streitjahres festzustellen.
Entscheidung
Die Klage war erfolgreich. Das beklagte Finanzamt war verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erlass eines Bescheids über den verbleibenden Verlustabzug des Streitjahres zu entscheiden und einen Verlust gesondert festzustellen. Den Bestimmungen über die Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs sei nicht zu entnehmen, dass der Erlass eines Einkommensteuerbescheids für das Verlustentstehungsjahr zulässig sein müsse, um auf den Ablauf des gleichen Jahres einen Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs erlassen zu können. Die gesetzliche Regelung über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs erfasse den Fall, dass bisher weder ein Einkommensteuerbescheid noch ein Feststellungsbescheid ergangen seien, nicht (vgl. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG). Die Vorschriften über die Antragsveranlagung eines Arbeitnehmers seien nicht unmittelbar auf das Verlustfeststellungsverfahren anwendbar. Sie regelten ausschließlich das Veranlagungsverfahren (vgl. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Zweck der Vorschriften über die Antragsveranlagung sei, den Fiskus nach Ablauf der Antragsfrist von haushaltsmäßigen Risiken aus der Erstattung von Abzugssteuern freizustellen. Dieses Risiko bestünde beim Erlass von Verlustfeststellungsbescheiden nicht. Die Vorschriften über die Antragsveranlagung seien somit auch nicht mittelbar anwendbar.
Hinweis
Die Revision gegen das Urteil des FG ist mittlerweile unter dem Az. XI R 33/04 beim BFH anhängig. Der BFH wird also Gelegenheit finden, seine höchstrichterliche Rechtsansicht in der Sache zu äußern.
Link zur Entscheidung
FG Berlin, Urteil vom 27.04.2004, 7 K 7414/03