Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Fällt ein Arbeitnehmer nach Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL bei Eintritt des Versicherungsfalls von einem Anspruch auf Versorgungsrente auf einen niedrigeren Anspruch auf Versicherungsrente zurück, so führt dies nicht zur Rückzahlung von Arbeitslohn.
2. Verspricht der Arbeitgeber nach seinem Ausscheiden aus der VBL dem Arbeitnehmer im Weg einer Ruhegeldordnung eine vergleichbare Zusatzversorgung unter Anrechnung von Versicherungsleistungen der VBL, so berührt dies nicht die vorgelagerte Besteuerung früherer Umlagezahlungen an die VBL als Arbeitslohn.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erhielt als Angestellter der AG tarifvertraglich eine zusätzliche Versorgung bei der Versorgungsanstalt des Bunds und der Länder (VBL). AG war bis zum 30.06.2000 Beteiligte der VBL. Bis dahin leistete AG Umlagezahlungen an die VBL, bemessen nach den zusatzversorgungspflichtigen Entgelten. AG versteuerte die Umlagen teils pauschal, ansonsten versteuerten sie die Arbeitnehmer. Nach Ausscheiden der AG aus der VBL waren die Arbeitnehmer, die noch keine Versorgungsrente erdient hatten, beitragsfrei weiter bei der VBL versichert und hatten statt eines Anspruchs auf die Versorgungsrente einen auf die niedrigere Versicherungsrente.
Auf Grundlage einer zum 01.07.2000 geschlossenen tarifvertraglichen Ruhegeldordnung gewährte AG ihren Angestellten unmittelbar Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Für die am 01.07.2000 bei K beschäftigten und zuvor bei der VBL zusatzversicherten Arbeitnehmer war kein Ausgleich für eine ungünstigere Besteuerung von Versorgungsleistungen in nach dem 30.06.2000 eingetretenen Versorgungsfällen vorgesehen. Die vor dem 01.07.2000 bei K absolvierten Dienstzeiten wurden aber berücksichtigt und auf Leistungen nach der Ruhegeldordnung angerechnet, die aus der zum 01.07.2000 festgestellten Versicherungsrente der VBL erbracht werden. Der Kläger begehrte den Ansatz negativer Einnahmen aufgrund der Reduzierung seiner Anwartschaften gegen die VBL.
Die Klage blieb erfolglos (FG Hamburg, Urteil vom 06.08.2008, 7 K 99/07, Haufe-Index 2056478, EFG 2009, 24).
Entscheidung
Der BFH wies auch die Revision aus den unter Praxishinweisen genannten Gründen zurück.
Hinweis
Das Besprechungsurteil behandelt die Verringerung der Zusatzversorgung des Arbeitnehmers auch dann nicht als Rückzahlung von Arbeitslohn, wenn dafür – so in VI R 16/07 – kein Ausgleich erfolgt.
1. Zahlt ein Arbeitnehmer Arbeitslohn zurück, ist das im Zeitpunkt der Rückzahlung zu berücksichtigen (negative Einnahmen oder Werbungskosten). Negative Einnahmen verlangen den Rückfluss von Gütern (§ 8 EStG), Werbungskosten oder Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Arbeitslohnrückzahlungen sind als "actus contrarius" Rückflüsse an den Arbeitgeber. Diese Grundsätze auf das Dreipersonenverhältnis Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Versorgungseinrichtung übertragen liegt bei Zukunftssicherungsleistungen durch Zahlung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) Rückzahlung von Arbeitslohn vor, wenn der Versicherer lohnversteuerte Prämien oder Beiträge an den Arbeitgeber zurückerstattet.
2. Davon war im Streitfall nicht auszugehen. Der BFH konnte sich insoweit auf die Grundentscheidung (Urteil vom 07.05.2009, VI R 8/07, BFH/NV 2009, 1504, BFH/PR 2009, 369) beziehen: Weil der Arbeitslohncharakter von Umlagezahlungen des Arbeitgebers an einen Dritten nicht von Art und Umfang konkreter Rückflüsse an die versicherte Person abhängt, führte der Umstand, dass Versicherungsbeiträge wegen Ausscheidens des Arbeitgebers aus der VBL nicht (mehr) werthaltig sind, weder zu negativen Einnahmen noch zu Aufwendungen des versicherten Arbeitnehmers. Das ist ein steuerlich grundsätzlich unbeachtlicher Vorgang innerhalb der privaten Vermögenssphäre des Arbeitnehmers, wie es auch umgekehrt nicht zu zusätzlichem Arbeitslohn führt, wenn sich der Versicherungsverlauf später günstiger gestaltet.
3. Außerdem hatte der Kläger bei Ausscheiden der K aus der VBL noch keinen gesicherten Anspruch auf eine Versorgungsrente; sie stand unter dem Vorbehalt der Beitragsentrichtung bis zum Eintritt des Versicherungsfalls. Dem Kläger war aber mit dem Ruhegeldanspruch eine adäquate Kompensation zugesichert worden. Da auch keine in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter an den Arbeitgeber (zurück-)geflossen waren, vollzog sich der Wertverlust innerhalb des Versicherungs-, nicht innerhalb des Arbeitsverhältnisses.
4. Der Einwand, der Wechsel des Durchführungswegs der betrieblichen Altersversorgung führe zu einer Doppelbesteuerung, trug auch nicht. Die Versicherungsrente unterliegt der vorgelagerten Besteuerung der Umlagezahlungen; und diese war auf ein späteres Ruhegeld des Klägers anzurechnen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 07.05.2009 – VI R 37/08