BMF, Schreiben vom 22.10.2021, III C 4 – S 6400/19/10002 :002 (DOK 2021/1103335)

Bezug: Ihr Schreiben vom 2. August 2021

1 Anlage

Sehr geehrte Frau …,

sehr geehrter Herr …,

mit Schreiben vom 2. September 2021 hatte ich Ihnen eine umfassende Beantwortung der von Ihnen mit o. g. Schreiben aufgeworfenen Fragen angekündigt. Hierzu verweise ich zunächst auf die diesem Schreiben als Anlage beigefügten Erläuterungen zum BMF-Schreiben vom 11. Mai 2021, in denen viele der von Ihnen angesprochenen Aspekte behandelt werden.

Zu Ihrem Schreiben und den darin enthaltenen weiteren Detailfragen bemerke ich darüber hinaus Folgendes:

1. Herstellergarantie / Herstelleranschlussgarantie (Ziff. 1 Ihres Schreibens)

Für die üblicherweise mit dem Erwerb eines Neufahrzeugs verbundene Herstellergarantie wird kein gesondertes Entgelt gezahlt. Kaufgegenstand ist insoweit ein mit einer Garantie bereits ausgestattetes Fahrzeug.

Für Anschlussgarantien gilt unabhängig davon, ob diese vom Händler oder Hersteller gewährt werden, dass durch die Übernahme der Garantie ein Versicherungsverhältnis begründet wird, wenn für diese Garantie ein gesondertes Entgelt gezahlt wird.

2. Vertrieb von Garantieverlängerungen/Anschlussgarantien durch Händler (Ziff. 1 Ihres Schreibens)

Ob und inwieweit beim Vertrieb von Garantieverlängerungen bzw. Anschlussgarantien durch den Händler Rückversicherungsverhältnisse (zwischen Händler und Hersteller) entstehen, hängt davon ab, ob der Händler entsprechende Verträge mit dem Kunden im eigenen Namen abschließt und ob der Hersteller sich in einem solchen Fall gegenüber dem Händler gegen Entgelt verpflichtet, diesen im Garantiefall freizustellen.

Kann eine Herstellergarantieverlängerung „über” einen Händler erworben werden, ist der Hersteller Garantiegeber. Das Versicherungsverhältnis entsteht und besteht daher zwischen Käufer und Hersteller. Der Händler ist lediglich „Vermittler”. Da der Händler in diesem Fall nicht einstandspflichtig ist, besteht auch kein Rückversicherungsverhältnis zwischen Hersteller und Händler. Der Händler mag im Garantiefall zwar rein tatsächlich in die Schadensbeseitigung eingebunden sein, indem er z. B. die Reparatur vornimmt. Die Durchführung der Reparatur erfolgt dann aber nicht in Erfüllung einer eigenen Garantieverpflichtung gegenüber dem Kunden, sondern in Erfüllung eines gesonderten Auftrages (des Kunden oder des Herstellers). Die Umsetzung aus der Garantieverpflichtung wird von dem Hersteller, der auch Garantiegeber ist, bezahlt.

Vereinbart der Händler die Verlängerung einer Garantie oder Anschlussgarantie im eigenen Namen, so wird hierdurch ein eigenständiges Versicherungsverhältnis zwischen dem Händler und dem Käufer begründet. Es handelt sich also nicht um die Verlängerung einer Herstellergarantie.

3. Vorschlag für eine Vereinfachungsregelung (Ziff. 1 Ihres Schreibens)

Ihr Vorschlag, die Abgrenzung zwischen selbständiger Leistung und nichtselbständiger Nebenleistung anhand von zwischen den Parteien ausgehandelten Vertragsklauseln vorzunehmen, ist mit geltendem Recht nicht vereinbar.

Diese Frage der Zuordnung der für das Versicherung- und Umsatzsteuerrecht maßgeblichen Leistung und ihrer Abgrenzung unterliegt nicht der Privatautonomie der Parteien. Vielmehr hat der BFH mehrfach entschieden, dass ein gegen gesondertes Entgelt abgegebenes Garantieversprechen keine Nebenleistung zum Kauf darstellt, sondern eine selbständige Leistung.

4. Vollwartungsvertrag (Ziff. 2 Ihres Schreibens)

Wegen der Definition des Vollwartungsvertrages wird auf die beigefügten Erläuterungen verwiesen.

Bei der von Ihnen angesprochenen Kombination von Verträgen kommt es maßgeblich darauf an, ob die Garantieleistung (z. B. Pannenhilfe), für die ein gesondertes Entgelt gezahlt wird, nur in Verbindung mit dem Abschluss eines Vollwartungsvertrages versprochen wird.

Das für diese/eine solche Garantieleistung gezahlte gesonderte Entgelt wäre im Fall einer Kombination mit einem Vollwartungsvertrag nicht als Versicherungsentgelt anzusehen, wohl aber im Fall einer Kombination mit einer gegen gesondertes Entgelt gewährten Garantieverlängerung, die ihrerseits einen Versicherungsvertrag darstellt.

5. Ausschluss des Vorsteuerabzugs (Ziff. 3 Ihres Schreibens)

Wegen der grundlegenden Bestimmungen wird auf Ziff. 5 der beigefügten Erläuterungen verwiesen.

Aus diesen folgt, dass auch Vorsteuern aus der Werkstattausrüstung aufzuteilen sind, wenn und soweit diese für die Ausführung von umsatzsteuerfreien Garantieleistungen genutzt wird. Ebenso wäre ein ggf. in der Vergangenheit in Anspruch genommener Vorsteuerabzug nach § 15a UStG zu berichtigen. Vorsteuern aus dem Einkauf von Reparaturmaterial sind soweit möglich direkt zuzuordnen (z. B. bei einem Einkauf für eine bestimmte Reparatur) oder, wenn dies nicht möglich sein sollte, aufzuteilen.

Sollten die Garantien zukünftig jedoch nicht durch den Händler selber angeboten, sondern von ihm lediglich vermittelt werden, würde die Werkstattausrüstung und der Materialeinkauf insoweit regelmäßig für umsatzsteuerp...

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