Genehmigt der (ohne Vollmacht) Vertretene den (unberechtigt) in seinem Namen abgeschlossenen Vertrag nicht, haftet der Vertreter ohne Vertretungsmacht dem Dritten, dessen Vertrauen er enttäuscht hat. Dabei stuft das Gesetz die Haftung danach ab, ob der Vertreter den Mangel seiner Vertretungsmacht kannte oder nicht.
4.2.1 Haftung des wissentlich ohne Vertretungsmacht Handelnden
Wusste der Vertreter, dass er ohne Vertretungsmacht handelte, haftet er dem Dritten nach dessen Wahl auf Erfüllung des Vertrags oder auf Schadensersatz in Höhe des Erfüllungsinteresses, § 179 Abs. 1 BGB. Das bedeutet, er hat ihn "wertmäßig" so zu stellen, wie er stünde, wenn der Vertrag erfüllt würde.
Haftung des vollmachtlosen Vertreters
Als Wiederverkäufer hätte der Dritte den Vertragsgegenstand mit Gewinn weiterveräußern können. Weil der ohne Vertretungsmacht Vertretene den Vertrag nicht genehmigt, platzt dieses Folgegeschäft. Die Differenz zwischen EK und VK des Folgegeschäfts zählt hier zum ersatzfähigen Erfüllungsinteresse.
Nicht anders liegt es, wenn der Dritte einen Deckungskauf zu ungünstigeren Bedingungen vornehmen musste, um seinen Kunden beliefern zu können. Sein Schaden resultiert dann aus der Differenz des Deckungsaufwands zum ursprünglich mit dem Vertreter vereinbarten Preis.
4.2.2 Haftung des unwissentlich ohne Vertretungsmacht Handelnden
Hat der Vertreter dagegen unwissentlich ohne oder außerhalb einer ihm eingeräumten Vertretungsmacht gehandelt, beschränkt sich seine Haftung auf das so genannte negative Interesse (Vertrauensschaden). Dann ist der Dritte (Vertragspartner) so zu stellen, wie er stünde, wenn er nicht auf den Abschluss des Vertrags vertraut hätte. Ersetzt werden in diesem Fall nur die Aufwendungen, die im Vertrauen auf den Vertragsschluss getätigt wurden, wie Fahrtkosten, Telekommunikationskosten u.Ä. Dieser regelmäßig geringere Schadensersatz kann im Einzelfall durchaus erheblichen Umfang annehmen, etwa, wenn im Vertrauen auf das Zustandekommen des jetzt unwirksamen Vertrags ein anderes Geschäft versäumt wurde. Das negative Interesse ist deshalb in § 179 Abs. 2 BGB nach oben durch das positive Interesse "gedeckelt".
Haftung, wenn der Vertreter seine Befugnisse überschreitet
Der Käufer eines Rohstoffes schließt den Kaufvertrag mit einem Vertreter des Verkäufers, der vereinbarte Preis beträgt 90.000 EUR. Er erhält nach Vertragsschluss ein bei weitem günstigeres Angebot (74.000 EUR) von dritter Seite. Da er sich bereits vertraglich gebunden sieht, schlägt er es jedoch aus. Erst danach stellt sich heraus, dass der Vertrag, an den er sich gebunden sieht, mangels Vertretungsmacht/Genehmigung unwirksam ist und dass der Vertreter gutgläubig von seiner eigenen Bevollmächtigung ausgegangen war und ausgehen durfte.
Der Schadensersatzanspruch gegen den Vertreter ohne Vertretungsmacht auf Ersatz des negativen Interesses umfasst hier auch den Schaden aus dem entgangenen Geschäft; denn hätte der Käufer nicht auf die Wirksamkeit des abgeschlossenen Vertrags vertraut, hätte der günstigere Kauf getätigt werden können. Der ersatzfähige Schaden ist jedoch in der Höhe auf das Erfüllungsinteresse begrenzt. Muss der Käufer nun dieselbe Ware wegen gestiegener Marktpreise zu einem höheren Preis (98.000 EUR) erwerben, kann sein Vertrauensschaden maximal die Differenz zum Preis des ersten Kaufs, mithin 8.000 EUR, erreichen.
Kein Schadensersatz, wenn der Dritte von der fehlenden Vollmacht wusste
In keinem Falle erhält der Dritte Schadensersatz, wenn er den Mangel der Vertretungsmacht des Vertreters kannte oder kennen musste, § 179 Abs. 3 BGB.
Wenn der Dritte den Mangel in der Vertretungsmacht hätte erkennen müssen
Der an der Ausführung eines Bauwerks beteiligte Unternehmer trifft auf unerwartete Schwierigkeiten bei der Fertigstellung einer an der Westseite des Gebäudes vorgesehenen Laderampe. Mit dem Bauleiter vereinbart er deshalb, die Rampe kleiner zu dimensionieren und dafür an der Südseite des Gebäudes eine weitere Rampe anzubringen. Der Bauherr verweigert die Übernahme der dadurch entstandenen Mehrkosten mit der Begründung, der Bauleiter sei zu einer wesentlichen Änderung des Bauvorhabens nicht ermächtigt, zur Vergabe entsprechender Aufträge nicht bevollmächtigt gewesen. Eine nachträgliche Genehmigung verweigert er. Der Unternehmer nimmt deshalb den Bauleiter – als Vertreter ohne Vertretungsmacht – in Anspruch.
Der Anspruch des Unternehmers gegen den Bauleiter aus § 179 Abs. 1 BGB scheitert hier daran, dass er die mangelnde Vertretungsmacht des Bauleiters hätte erkennen können. Aus den Umständen des Vertragsschlusses resultierte eine Erkundigungs- und Nachprüfungspflicht des Unternehmers: Denn bei einer – wie hier – wesentlichen Änderung des Bauvorhabens hätte er sich zumindest erkundigen müssen, ob der Bauleiter vom Bauherren bevollmächtigt war.