Thorsten Lips, Sabine Hartje
Zusammenfassung
- Wie Führungskräfte aus den Bereichen Vertrieb, Marketing, Business Development, Vertriebscontrolling sowie Stabstellen der Vertriebssteuerung aus Industrieunternehmen den Stand der Kundenorientierung in der Vertriebssteuerung beurteilen, zeigt eine neue Studie.
- Die vorherrschende Steuerungsdimension im Vertrieb sind nicht Kundensegmente, sondern geografische Marktsegmente oder Produktsegmente.
- Für die vorherrschende Steuerungsdimension stehen standardisierte Profitabilitätskennzahlen zur Verfügung, dynamische Verfahren werden in der Praxis kaum angewendet.
- Der Einsatz der Vertriebsressourcen ist mehrheitlich nicht nach Kundensegmenten transparent oder auf Marktpotenziale ausgerichtet.
- Wodurch sich eine kundenorientierte Vertriebssteuerung auszeichnet.
1 Zielsetzung der Expertenbefragung sowie angewandte Methodik und Teilnehmer
1.1 Langzeitstudie zur Vertriebssteuerung
Horváth & Partners führt alle zwei Jahre eine Expertenbefragung mit einem spezifischen Themenschwerpunkt in Ergänzung zur standardisierten Langzeitvergleichsstudie Sales Performance Excellence durch. Die vorliegende Expertenbefragung verfolgt das Ziel den aktuellen Stand der Kundenorientierung in der Vertriebssteuerung in ausgewählten Industrien im Detail zu analysieren. Dabei werden im Detail sowohl die grundsätzliche Steuerung der Vertriebsorganisation, die Planung und Erfolgsmessung sowie Vertriebsinformationssysteme in Bezug auf die Kundenorientierung untersucht.
1.2 Methodik und Teilnehmer
Internationale Zielgruppe als Ausgangsbasis
Die qualitative Datenerhebung basiert auf einem Fragebogen mit 30 offenen und geschlossenen Fragen zu dem Thema "Handlungsbedarf bei der Umsetzung der Kundenorientierung in der Vertriebssteuerung". Der Fragebogen stand den Teilnehmern für die Beantwortung online zur Verfügung. Zusätzlich wurden persönliche und telefonische Tiefeninterviews mit Experten aus dem Vertrieb durchgeführt.
Die Zielgruppe waren Führungskräfte aus den Bereichen Vertrieb, Marketing, Business Development, Vertriebscontrolling sowie Stabsstellen der Vertriebssteuerung von 48 produzierenden Unternehmen aus den Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz, Polen, Rumänien sowie Japan und Australien. Mit einem Anteil von 48 % stammt die größte Teilnehmergruppe aus Deutschland.
Abb. 1: Zusammensetzung der Befragten nach Ländern und Branche
Die Mehrheit der Teilnehmer arbeitet in größeren Organisationen. 50 % der befragten Teilnehmer arbeiten in Unternehmen, die einen Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. EUR generieren, gefolgt von 17 % mit einem Umsatz von 501 Mio. bis 1 Mrd. EUR. Weitere 19 % erzielen einen Jahresumsatz von 101 bis 500 Mio. EUR und 14 % der Unternehmen weisen einen Umsatz von weniger als 101 Mio. EUR auf.
Bei 39 % der befragten Unternehmen beträgt die Mitarbeiteranzahl über 10.000 Mitarbeiter, gefolgt von 8 % mit 5.001 bis 10.000 Mitarbeitern sowie 18 % mit 1.001 bis 5.000 Mitarbeitern und 26 % mit 251 bis 1.000 Mitarbeitern. 10 % der befragten Unternehmen haben weniger als 251 Mitarbeiter.
72 % der Unternehmen haben einen durchschnittlichen Produktlebenszyklus von über 60 Monaten. Somit sind die Ergebnisse der Studie insbesondere für Unternehmen mit langlebigen Produkten und Serviceleistungen relevant.
Unternehmen, die an der Befragung teilgenommen haben und namentlich genannt werden dürfen sind: August Mink KG, Endress+Hauser Consult AG, Feintool Technologie AG, Festo AG & Ko. KG, Hekatron Vertriebs GmbH, Trumpf Werkzeugmaschinen GmbH + Co KG, Weitzer Parkett GmbH & Co KG und Wienerberger AG.
2 Ergebnisse der Expertenbefragung
2.1 Steuerung der Vertriebsorganisation
Steuerungsansatz wurde untersucht
Im ersten Schritt wurde das Grundmodell der Vertriebssteuerung erfasst. Dabei ist erkennbar, dass derzeit keine verhaltensorientierte Steuerung der Vertriebsorganisationen in den Unternehmen vorherrscht. Ziele und Maßnahmen stehen somit nur bedingt im Mittelpunkt der Planung und Erfolgsmessung im Vertrieb. Ganze 75 % der befragten Unternehmen setzen grundsätzlich auf eine ergebnisorientierte Output-Steuerung des Vertriebes. Der Fokus liegt somit größtenteils auf einer quantitativen Steuerung der Vertriebsorganisationen entlang der folgenden Steuerungsdimensionen: Geografische Marktsegmente gefolgt von Produkt- und Kundensegmenten sowie Absatzkanälen.
Abb. 2: Grundmodell der Vertriebssteuerung in %
Darauf aufbauend wurde die Autonomie der dezentralen Vertriebseinheiten ermittelt. Im Ergebnis konstatieren 65 % der Unternehmen ihren Vertriebsgesellschaften eine hohe Autonomie in Bezug auf die Ausrichtung des Vertriebes (s. Abb. 3).
Abb. 3: Grad der Autonomie der Vertriebseinheiten in %
Bei Unternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern, konstatieren 80 % ihren Vertriebsgesellschaften eine hohe Autonomie. Bzgl. Steuerungsdimensionen und verwendeten Kennzahlen herrscht dagegen weitestgehend eine Standardisierung vor.
Top Steuerungskennzahlen im Vertrieb
Als Top-Steuerungskennzahlen wird mit Abstand der Umsatz/Absatz, gefolgt von kundenbezogenen Kennzahlen verwendet. Die GuV ist mit Abstand das primäre Steuerungsinstrument für den Vertrieb. Eine mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung wird lediglich von 33 % der befragten Unternehmen für den Vertrieb angewendet. Innovat...