FinMin Niedersachsen, Erlaß v. 14.1.2020, S 4521 – 56 – 351
I. Abstandnahme von Ermittlungen
1. Übernimmt der Erwerber eines Grundstücks die Kosten der Übergabe der verkauften Sache (§ 448 BGB, z. B. die Vermessungskosten) oder die Kosten für die Löschung von Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden, Dienstbarkeiten, Reallasten, Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten, so gehören diese Kosten als „sonstige Leistungen„ im Sinne des § 9 Absatz 1 Nummer 1 GrEStG zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung. Zur Gegenleistung rechnen auch die dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen, wie z. B. das kurzfristige unentgeltliche Weiterbewohnen eines veräußerten Grundstücks durch den Verkäufer oder das Recht des Veräußerers eines landwirtschaftlichen Grundstücks, dieses noch abernten zu dürfen.
Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sind unabhängig von der Höhe der Hauptleistung Ermittlungen, die allein wegen des Werts dieser sonstigen Leistungen oder wegen des Werts vorbehaltener Nutzungen anzustellen wären, nicht durchzuführen, wenn angenommen werden kann, dass der Wert dieser sonstigen Leistungen oder vorbehaltenen Nutzungen nicht mehr als 2.500,00 Euro beträgt. In diesen Fällen kann der Wert der sonstigen Leistungen oder der vorbehaltenen Nutzungen bei der Ermittlung des Werts der Gegenleistung außer Ansatz bleiben. Die Gründe für die Abstandnahme von Ermittlungen sind aktenkundig zu machen.
Werden jedoch zur Erledigung des Steuerfalls Ermittlungen aus anderen Gründen erforderlich, so sind auch Feststellungen wegen des Werts der „sonstigen Leistungen” oder der vorbehaltenen Nutzungen zu treffen.
2. Wird ein Grundstück zusammen mit anderen Gegenständen erworben, deren Erwerb nicht der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz unterliegt, so ist die Gesamtgegenleistung grundsätzlich nach dem Verhältnis des gemeinen Werts des Grundstücks zum gemeinen Wert z. B. des Zubehörs und der Betriebsvorrichtungen aufzuteilen.
Beim Erwerb eines Unternehmens im Ganzen, zu dem auch ein Grundstück gehört, ist die Gesamtgegenleistung nach dem Verhältnis des Teilwerts des Grundstücks zu dem Teilwert der sonstigen erworbenen Gegenstände zu verteilen, wenn der Betrieb fortgesetzt wird (BFH, Urteil vom 8. Februar 1978, II R 48/73, BStBl 1978 II S. 320).
Von besonderen Ermittlungen zur Feststellung der Werte ist in der Regel abzusehen, wenn der von den an dem Rechtsvorgang Beteiligten angesetzte oder mitgeteilte Wert der nicht der Steuer unterliegenden Gegenstände 15 % der Gesamtgegenleistung, höchstens jedoch 50.000,00 Euro, nicht übersteigt. In diesen Fällen ist der Wert der sonstigen Gegenstände, deren Erwerb nicht steuerbar ist, von der Gesamtgegenleistung abzusetzen. Die Gründe für das vereinfachte Verfahren sind aktenkundig zu machen. Diese Ausnahmeregelung gilt nur, wenn der für die sonstigen Gegenstände angesetzte oder mitgeteilte Wert nicht offensichtlich unangemessen erscheint.
II. Abstandnahme von Überwachungen
1. Enthält ein Rechtsvorgang die Bestimmung, dass sich die Gegenleistung bei Eintritt einer Bedingung erhöhen soll, so ist die Grunderwerbsteuer in jedem Fall sofort endgültig festzusetzen (BFH-Urteil vom 22. November 1995, II R 26/92, BStBl 1996 II S. 162).
- Sofern sich bei Eintritt der Bedingung die Gegenleistung voraussichtlich nicht um mehr als 2.500,00 Euro erhöhen wird, ist von einer Überwachung abzusehen.
- Bei Rechtsvorgängen mit aufschiebenden Bedingungen, die den Wert der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung voraussichtlich um mehr als 2.500,00 Euro erhöhen werden, ist der Eintritt der Bedingung regelmäßig zehn Jahre lang zu überwachen. Mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung wird die aufschiebend bedingt vereinbarte Gegenleistung zur nachträglichen zusätzlichen Gegenleistung im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG. Insoweit entsteht deshalb gemäß § 14 GrEStG mit dem Eintritt der Bedingung eine neue Grunderwerbsteuer mit eigener Festsetzungsfrist. Diese Steuer ist durch einen selbständigen Grunderwerbsteuerbescheid festzusetzen.
2. In Fällen, in denen die ganze Gegenleistung aufschiebend bedingt ist und § 3 Nummer 2 GrEStG nicht greift, ist der Erwerb gemäß § 8 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG sofort endgültig aus dem Wert des Grundstücks zu besteuern. Bei Eintritt der aufschiebenden Bedingung ist die Grunderwerbsteuer dann nach dem Wert der Gegenleistung zu bemessen und festzusetzen. Der ursprüngliche Bescheid ist aufzuheben (§ 175 Absatz 1 Nummer 2 AO). Auch in diesen Fällen ist der Eintritt der Bedingung regelmäßig auf die Dauer von zehn Jahren zu überwachen.
3. Ist beim Erwerb eines Grundstücks die Flächengröße noch nicht bekannt und berechnet sich die Höhe der Gegenleistung nach der Fläche des Grundstücks, so ist die Grunderwerbsteuer sofort endgültig festzusetzen, wenn sich die Gegenleistung durch das Vermessungsergebnis voraussichtlich nicht um mehr als 2.500,00 Euro erhöhen wird [Hinweis auf den zuvor an dieser Stelle angebrachten Verweis auf die GrESt-Kartei § 9 GrEStG Karte 14 Nummer 4]. Ansonsten ist die Steuer vor...