3.1 Entschließungsermessen
Sind die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verzögerungsgelds gegeben, kann die Finanzbehörde ein Verzögerungsgeld festsetzen. Es besteht also nach dem eindeutigen Wortlaut des § 146 Abs. 2c AO ein Entschließungsermessen seitens der Behörde. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich darauf verzichtet, eine Pflicht zur Festsetzung einer Sanktion vorzusehen, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass regelmäßig bei einem Verstoß gegen die in § 146 Abs. 2c AO normierten Pflichten ein Verzögerungsgeld festzusetzen ist. Es kann deshalb nicht davon gesprochen werden, dass ein Pflichtenverstoß das Entschließungsermessen vorprägt. Dies gilt auch dann, wenn ausreichende Gründe für eine entschuldbare Fristversäumnis nicht vorgetragen werden. Der BFH hat zudem in Frage gestellt, ob es zulässig ist, wegen fortdauernder Nichtvorlage mehrmals ein Verzögerungsgeld zu erlassen. Eine potenzielle Wiederholungsgefahr reicht zumindest gegenüber einem Rechtsanwalt nicht aus, um ein Entscheidungsermessen zu begründungen.
Angesichts der Mindesthöhe von 2.500 EUR erscheint es in kleineren Fällen regelmäßig unverhältnismäßig, ein Verzögerungsgeld festzusetzen.
3.2 Auswahlermessen
Ein weiteres Ermessen besteht dahingehend, in welcher Höhe das Verzögerungsgeld festgesetzt wird. Der Gesetzgeber hat hierbei einen recht weiten Rahmen von 2.500 EUR bis 250.000 EUR geschaffen. Wenn also ein Verzögerungsgeld festgesetzt wird, sind mindestens 2.500 EUR festzusetzen, selbst bei nur geringfügigen Verstößen. Dies erscheint überzogen, gerade im Vergleich mit einem maximalen Zwangsgeld von 25.000 EUR. Das Ermessen hinsichtlich der Höhe des festzusetzenden Verzögerungsgelds ist folglich mit besonderer Vorsicht im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des Einzelfalls auszuüben. Insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist zu beachten. Nach Ansicht der Finanzrechtsprechung muss dabei die Festsetzung des Mindestbetrages von 2.500 EUR nicht mehr besonders begründet werden, wenn das Entschließungsermessen zutreffend ausgeübt wurde. Allerdings ist es nicht als zulässig angesehen worden, wegen mehrerer Pflichtenverstöße den Mindestbetrag mehrfach ohne Begründung festzusetzen. Ferner ist beim Auswahlermessen zu beachten, wenn die angeforderten Unterlagen noch vor dem Beurteilungszeitpunkt ganz oder teilweise eingereicht werden. Ein früheres Verhalten vor der Außenprüfung darf nicht berücksichtigt werden.
3.3 Begründung der Ermessensentscheidung
Die Ermessensentscheidung des Finanzamts ist zu begründen. Dabei müssen die Gründe, die für die Ermessensentscheidung prägend waren, aus der Festsetzung ersichtlich sein. Allerdings kann die Ermessensdarstellung noch bis zum Ende eines Einspruchsverfahrens nachgeholt werden (§ 126 Abs. 2 AO). Im Klageverfahren gestattet § 102 Satz 2 FGO dem Finanzamt dann allerdings nur, bereits an- oder dargestellte Ermessenserwägungen zu vertiefen, zu verbreitern oder zu verdeutlichen, nicht aber erstmals Ermessenserwägungen anzustellen, die Gründe auszuwechseln oder vollständig nachzuholen.