Leitsatz
1. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft wird nur dann bereit sein, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken – also im privaten Interesse – eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden und sie zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag erhält (Bestätigung des Senatsurteils vom 17.11.2004, I R 56/03, BFHE 208, 519). Eine Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen würde er (ausnahmsweise) in Betracht ziehen, wenn er bezogen auf den jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite ausgehen kann.
2. Da sich der vorzunehmende Fremdvergleich (nur) auf das dem Gesellschafter konkret vermietete (Teil-)Grundstück bezieht, ist es unerheblich, ob dem Gesellschafter das Grundstück vollständig oder nur teilweise überlassen wird; auch kommt es nicht darauf an, ob die eigenbetriebliche Nutzung der Immobilie überwiegt.
Normenkette
§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 KStG, § 4 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
Sachverhalt
An der klagenden GmbH waren in den Jahren 2007 bis 2010 T zu 5 % und dessen Schwester L zu 95 % beteiligt; die GmbH vermietete 52 % (243 qm) ihres ansonsten selbst genutzten Gebäudes in B-Stadt zu einem angemessenen Mietpreis (1.290 EUR) zu Wohnzwecken an T (das im Zwangsversteigerungsverfahren erworbene Grundstück stand ursprünglich im Alleineigentum der Ehefrau des T). Das Gebäude ist im Wohnbereich mit hochwertigen Materialien und Techniken ausgestattet und hat einen Wellnessbereich mit Schwimmbecken, Whirlpool und Sauna.
Die GmbH erwirtschaftete Verluste. Das FA setzte vGA in Höhe der Differenz zwischen der um einen Gewinnaufschlag von 5 % erhöhten Kostenmiete und der gezahlten Miete an: Ein fremder Geschäftsführer hätte die Verluste aus der Vermietung nicht akzeptiert; es sei unerheblich, dass die GmbH die Immobilie günstig erworben habe bzw. ob langfristig ein Vermietungsgewinn erzielbar gewesen sei.
Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.8.2014, 6 K 24/13, Haufe-Index 7714963). Eine vGA sei nicht anzusetzen, weil in B-Stadt eine kostendeckende Miete nicht erzielbar gewesen und T also auch kein Vorteil aus einer verbilligten Wohnungsüberlassung zugewandt worden sei (eine Fremdvermietung hätte zur nämlichen Ertragssituation bei der GmbH geführt).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Klage ab.
Hinweis
1. War nicht im BFH-Urteil vom 17.11.2004, I R 56/03 (BFHE 208, 519, BFH/NV 2005, 793; dazu Gosch, BFH/PR 2005, 212) schon alles gesagt? Man liest dort (auszugsweise): "1. Tätigt eine Kapitalgesellschaft ohne angemessenes Entgelt verlustträchtige Geschäfte, die im privaten Interesse ihrer Gesellschafter liegen, so kann dies zu einer vGA führen. … 2. Erwirbt und unterhält eine GmbH ein Einfamilienhaus und vermietet dieses an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer zu dessen privaten Wohnzwecken, bemisst sich die anzusetzende Miete regelmäßig nach … der Kostenmiete zuzüglich eines angemessenen Gewinnzuschlags."
Das FG sah nun aber hier einen "Revisionsbedarf" (anders das FG Köln in den Parallelverfahren – s. dazu zu 6.). Und tatsächlich scheint in diesem Fall durch den Ansatz einer vGA die Grenzlinie einer Ist-Ertragsteuer überschritten und der Weg zur Soll-Ertragsteuer eröffnet zu sein. Denn der ordentlich und gewissenhaft handelnde Geschäftsleiter hätte "am Markt" kein höheres Entgelt erzielen können. Hindert das die Annahme einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten verhinderten Vermögensmehrung, die geeignet ist, beim mietenden Gesellschafter einen Zufluss (Kapitalvermögen) auszulösen?
2. Die bekannten Strukturen der vGA werden in dieser Entscheidung bestätigt: Da es eine "Privatsphäre" der Kapitalgesellschaft nicht gibt, findet der Immobilienerwerb im betrieblichen Bereich statt; Verluste aus einer derartigen Investition sind aber vGA, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern nur zur Befriedigung privater Interessen der Gesellschafter handelt (Maßstab: die Kriterien, die zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und sog. Liebhaberei entwickelt worden sind).
3. Da es im Rahmen des Fremdvergleichs ("Geschäft mit Nichtbeteiligten") auch um Gewinnmaximierung bei der Gesellschaft geht, würde man die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken (damit: im privaten Interesse) eines Gesellschafters nur tragen, wenn die Gesellschaft einen Ersatz dieser Aufwendungen zzgl. angemessenen Gewinnaufschlag erhält.
• Es reicht nicht aus, dass die Investition in ferner Zukunft (möglicherweise) einen Gewinn abwirft. Denn im Rahmen des Fremdvergleichs kommt es auf die Lage im jeweils zu beurteilenden VZ an.
• Es ist auch nicht darauf abzustellen, ob die Tätigkeit bei rückschauender...