Leitsatz
Ist eine GmbH neben ihren Gesellschaftern an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt und nimmt sie an einer Kapitalerhöhung bei jener Gesellschaft nicht teil, so kann dieses Verhalten nur dann zu einer vGA führen, wenn die GmbH für ihr Recht zum Bezug neuer Anteile ein Entgelt hätte erzielen können.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin war Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH I, deren Anteile von einem Ehepaar gehalten wurden, und zwar zu 98 % bzw. zu 2 %. Die GmbH I war bis 1992 Komplementärin einer KG, die am 25.6.1992 in eine GmbH II umgewandelt wurde. Am Stammkapital dieser GmbH II i.H.v. 200.000 DM waren nunmehr der Ehemann mit 45 %, die Ehefrau mit 30 % und die GmbH I mit 25 % beteiligt.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 5.2.1993 wurde das Stammkapital der GmbH II von bisher 200.000 DM um 300.000 DM erhöht. Die Erhöhung der Stammeinlagen war in bar zu leisten. Im Anschluss an die Kapitalerhöhung hielten die Ehefrau 70 %, der Ehemann 20 % und die GmbH I 10 % des Stammkapitals der GmbH II.
Das FA nahm an, dass die GmbH I zugunsten ihrer Gesellschafter auf ihr Recht zum Bezug neuer Gesellschaftsanteile an der GmbH II verzichtet habe und dass darin eine vGA liege. Deren Höhe bemaß es (nach dem Stuttgarter Verfahren) mit 98.400 DM.
Das FG (EFG 2004, 368) gab der Klage gegen die genannten Bescheide nur teilweise statt. Es entschied, dass eine vGA dem Grund nach vorlie?e, deren Betrag sich jedoch nur auf 75.000 DM belaufe. Zur Begründung führte es aus, die GmbH I habe von den übrigen Gesellschaftern der GmbH II verlangen können, die Kapitalerhöhung nur zu dem wahren inneren Wert der Anteile und nicht zum Nennwert durchzuführen. Auf die Ausübung dieses Rechts habe sie zugunsten ihrer Gesellschafter verzichtet. Darin liege eine vGA.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf. Er erkannte auf weiteren Sachaufklärungsbedarf:
Im Streitfall habe das FG angenommen, dass das Verhalten der GmbH I im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung bei der GmbH II zu einer vGA i.H.v. 75.000 DM geführt habe und dass diese in zeitlicher Hinsicht dem Streitjahr zuzuordnen sei. Die von ihm getroffenen Feststellungen trügen eine solche Beurteilung jedoch nicht:
- Das gelte zunächst für Grund und Höhe der vGA. Die Höhe des bei potenziellen Erwerbern eingetretenen Vermögensvorteils lasse keine hinreichend zuverlässige Aussage darüber zu, welchen Preis diese Personen unter den gegebenen Umständen für das Bezugsrecht der GmbH I gezahlt hätten.
- Was den zeitlichen Ansatz der ggf. vorliegenden vGA betreffe, habe das FG in erster Linie darauf abgestellt, dass es der GmbH I möglich gewesen wäre, den Beschluss über die Kapitalerhöhung anzufechten und so eine erneute und für sie günstigere Beschlussfassung zu erwirken. Diese Würdigung könne aber nur dann durchgreifen, wenn nach der seinerzeit gegebenen Gesetzeslage und unter Berücksichtigung des damaligen Meinungsstands in Rechtsprechung und Schrifttum eine Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses so Erfolg versprechend gewesen wäre, dass die übrigen Gesellschafter der GmbH II zur Vermeidung dieses Risikos zu einem entgeltlichen Erwerb des Bezugsrechts bereit gewesen wären. Zudem könne eine hieraus abzuleitende vGA nur dann dem Streitjahr zuzuordnen sein, wenn der sich ergebende Vermögensvorteil der GmbH I schon in diesem Jahr bilanzierungsfähig gewesen wäre.
- Im Ergebnis sei für den Ansatz einer vGA nur insoweit Raum, als sich die GmbH I einen Vermögensvorteil habe entgehen lassen, der sich in ihrer Bilanz für das Streitjahr ausgewirkt hätte. Zudem müsste ein solches Verhalten durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, also darauf zurückzuführen sein, dass die übrigen Gesellschafter der GmbH II zugleich Gesellschafter der GmbH I waren.
Hinweis
Es ging im Urteilsfall um eine etwas "verdeckte" Variante des ewigen Themas der vGA: Eine solche durch Nichtteilnahme an einer Kapitalerhöhung und die dadurch bedingte "Werteverwässerung" einer Kapitalbeteiligung:
1. Eine vGA zeichnete sich nach der ständigen Rechtsprechung des BFH bekanntlich dadurch aus, dass sie eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung voraussetzt.
Bei einer Vermögensminderung ist das der Fall, wenn der zu beurteilende Vorfall – es gilt der Grundsatz der (Einzel-)Geschäftsfallbezogenheit – sich nach den für die Kapitalgesellschaft geltenden Bilanzierungsgrundsätzen in der Steuerbilanz der Gesellschaft auswirkt.
Bei einer verhinderten Vermögensmehrung ist das etwas schwieriger. Hier unterlässt es die Kapitalgesellschaft, einen sich in ihrer Steuerbilanz auswirkenden Vermögensvorteil zu erlangen. Die Auswirkung auf die Steuerbilanz ist also nicht real, sondern gleichsam virtuell oder fiktiv: Der Verzicht auf das Erlangen eines Vorteils, der erfolgswirksam wäre, zieht die vGA nach sich. Vgl. Gosch, KStG, § 8 Rz. 253 f. mit Einzelheiten und weiteren Nachweisen zu diesen recht schwierigen Zusammenhängen.
2. Bei der Nichtteilhabe an der Kapitalerhöhung einer Kapitalgesellschaft scheidet eine Ve...