Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Zusammenfassung
Die Finanzämter können Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung, eine sonstige Handlung, eine Duldung oder Unterlassung gefordert wird, im Verwaltungsverfahren vollstrecken. Dies gilt auch für im Wege der Steueranmeldung vom Steuerpflichtigen selbst angemeldete Steuer. Zur Vorbereitung der Vollstreckung ist das Finanzamt zur Ermittlung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse berechtigt und darf dabei alle ihm bekannten, nach § 30 AO geschützten Daten verwerten.
Die Einleitung und Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens ist für den Steuerschuldner eine besonders einschneidende und oft auch unangenehme Maßnahme wegen der teilweise nicht zu vermeidenden "Öffentlichkeitswirkung". Denn über die Lohnpfändung oder Pfändung anderer Ansprüche erhalten Arbeitgeber und Geschäftspartner Einblick in die finanzielle Situation des Vollstreckungsschuldners.
Die gesetzlichen Grundlagen des fiskalischen Vollstreckungsverfahrens sind in der Abgabenordnung (AO) in den §§ 249–346 AO geregelt. Von Bedeutung sind ferner die Vollstreckungsanweisung sowie die Vollziehungsanweisung.
1 Vollstreckungsvoraussetzungen
Voraussetzungen für den Beginn der Vollstreckung sind die Fälligkeit der Leistung und die Bekanntgabe des Leistungsgebots. Erst wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, darf die Vollstreckung beginnen. Ferner muss seit der Aufforderung zur Leistung oder Duldung oder Unterlassung mindestens 1 Woche verstrichen sein. Das Leistungsgebot ergeht regelmäßig zusammen mit dem Steuerbescheid. Handelt es sich um eine Vollstreckungsmaßnahme wegen Säumniszuschlägen und Zinsen, bedarf es eines Leistungsgebots nicht, wenn diese Leistungen zusammen mit der Steuer beigetrieben werden. Das gilt sinngemäß für die Kosten der Vollstreckung, wenn sie zusammen mit dem Hauptanspruch beigetrieben werden.
Die Vollstreckbarkeit des Verwaltungsakts ist unabhängig von seiner Bestandskraft, d. h. auch der gegen einen Steuerbescheid eingelegte Einspruch steht Vollstreckungsmaßnahmen nicht entgegen.
Eine Ausnahme gilt nur in den Fällen des Rechtsbehelfs gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs und der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebs oder gegen die Untersagung der Berufsausübung. In diesen Fällen ist die Vollstreckbarkeit des Verwaltungsakts ausgeschlossen. Ansonsten muss der Steuerpflichtige eine Aussetzung der Vollziehung erreichen, um die Vollstreckbarkeit des Verwaltungsakts zu verhindern. Bei Aussetzung gegen Sicherheitsleistung wird die Vollstreckung nur gehindert, wenn die Leistung der Sicherheit nachgewiesen ist.
Einwendungen gegen den Steuerbescheid sind im Einspruchsverfahren gegen die Steuerfestsetzung vorbringen
- Die AO unterscheidet eindeutig zwischen Festsetzung, Erhebung und Vollstreckung des Steueranspruchs. Dies kommt u. a. in § 256 AO zum Ausdruck, wonach Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen sind. Konkret bedeutet dies: Einwendungen gegen den Steuerbescheid müssen im Einspruchsverfahren gegen die Steuerfestsetzung vorgebracht werden. Außerdem wird die Ingangsetzung des Vollstreckungsverfahrens nur verhindert, wenn die Aussetzung der Vollziehung erreicht wird. Wer dagegen seine Einwendungen erst im Vollstreckungsverfahren vorbringt, kann damit, da die Einspruchsfrist gegen den Steuerbescheid bereits abgelaufen ist, weder die Steuerfestsetzung noch die Vollstreckung beeinflussen.
- Da nur die Aussetzung der Vollziehung Vollstreckungsmaßnahmen verhindert, reicht auch ein Antrag auf Änderung eines Steuerbescheids nicht aus. In der Besteuerungspraxis betrifft dies insbesondere Steuerbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind. Wer z. B. einen Schätzungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erhält, muss, um Vollstreckungsmaßnahmen zu verhindern, Einspruch einlegen und Aussetzung der Vollziehung beantragen. Dagegen reicht der, nach Ablauf der Einspruchsfrist gestellte, Antrag auf Änderung nach § 164 Abs. 2 AO nicht aus, da eine Aussetzung der Vollziehung nur im Einspruchsverfahren in Betracht kommt. In diesen Fällen kann allenfalls eine Stundung gewährt werden.
2 Rechtsschutz
Die Vollstreckung ist in bestimmten Fällen einzustellen oder zu beschränken. Im Einzelnen sind hiervon folgende Fälle betroffen:
- Die Vollstreckungsvoraussetzungen des § 251 Abs. 1 AO sind entfallen, d. h. der Verwaltungsakt ist von der Vollziehung ausgesetzt worden;
- der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, wird aufgehoben, d. h. er muss ersatzlos wegfallen oder seine Nichtigkeit muss festgestellt werden. In diesem Fall sind bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Bei Aufhebung des Verwaltungsakts durch eine gerichtliche En...