Leitsatz
1. Für § 233a Abs. 5 Satz 4 und Abs. 3 Satz 3 AO ist bei mehrfachen Änderungen von Steuerfestsetzungen die letzte Zahlung auf den Steuerbescheid maßgeblich, in dem die Besteuerungsgrundlage enthalten war, die aufgrund des Änderungsbescheids entfällt.
2. Für die Bestimmung des Steuerschuldners bei Bauleistungen kommt es ausschließlich auf die Voraussetzungen von § 13b UStG, nicht aber darauf an, ob der Leistungsempfänger geltend macht, dass er nicht Steuerschuldner nach dieser Vorschrift sei, dass er einen Steuerbetrag an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder dass das FA gegen einen Erstattungsanspruch, der sich aus einer unzutreffenden Anwendung von § 13b UStG ergibt, aufrechnen kann, so dass hierin kein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 233a Abs. 2a AO liegt.
3. Ist ein Zinserlass gemäß § 239 Abs. 1 AO i.V.m. § 163 AO in der Weise geboten, dass jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft ist, handelt es sich bei den in dieser Weise erlassenen Zinsen nicht um festzusetzende Zinsen i.S. von § 233a Abs. 5 Satz 3 AO.
4. Eine Zinspflicht nach § 233a AO ist sachlich unbillig, wenn der Leistende bei der Ausführung seines Umsatzes in Übereinstimmung mit den zu diesem Zeitpunkt geltenden Verwaltungsanweisungen davon ausgehen konnte und musste, dass nicht er, sondern der Leistungsempfänger Steuerschuldner sei.
Normenkette
§ 233a, § 163 AO, § 13b, § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG
Sachverhalt
Die Klägerin bezog im Streitjahr 2009 für ihre Bauträgertätigkeit steuerpflichtige Leistungen von Bauunternehmern, wobei sie davon ausging, dass sie als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b UStG sei.
Die Klägerin erbrachte im Streitjahr auch Bauleistungen an die gleichfalls als Bauträger tätige A‐GmbH, wobei die Beteiligten auch hier von einer Anwendung von § 13b UStG ausgingen. Dementsprechend gab die Klägerin für das Streitjahr Voranmeldungen ab, bei denen sie die für ihre Bauträgertätigkeit bezogenen Leistungen als Leistungsempfänger versteuerte, während eine Versteuerung der an die A‐GmbH erbrachten Bauleistungen im Hinblick auf die Annahme einer auch hier für den Leistungsempfänger bestehenden Steuerschuld unterblieb.
Im April 2014 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuer 2009 herabzusetzen, da sie im Hinblick auf die für ihre Bauträgertätigkeit bezogene Bauleistung nicht Steuerschuldner gewesen sei. Das FA lehnte dies ab, wogegen die Klägerin Einspruch einlegte. Im Anschluss ging das FA davon aus, dass die Klägerin die bezogenen Bauleistungen zwar zu Unrecht nach § 13b UStG versteuert habe. Sie müsse jetzt aber auch die an die A‐GmbH erbrachten Leistungen, bei denen gleichfalls § 13b UStG zu Unrecht angewendet worden sei, als Leistende versteuern. Dabei schlossen die Klägerin und das Land Brandenburg am 26.10.2015 einen Abtretungsvertrag, mit dem die Klägerin dem Land eine Forderung auf eine gegen die A‐GmbH nachberechnende Umsatzsteuer abtrat. Die A‐GmbH beantragte bei dem für sie zuständigen FA das Entfallen ihrer Steuerschuld aus den von ihr von der Klägerin bezogenen Bauleistungen.
Mit geändertem Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 30.10.2015 setzte das FA die Umsatzsteuer auf 61.008,11 EUR fest, woraus sich im Hinblick auf die zuvor unterbliebene Versteuerung der Leistungen an die A-GmbH eine Nachzahlung i.H.v. 33.060 EUR ergab. Das FA behandelte dabei die von der A‐GmbH gezahlte Vergütung als Entgelt, zu dem die Umsatzsteuer hinzuzurechnen sei. Eine Zinsfestsetzung zulasten der Klägerin unterblieb.
Am 8.12.2015 erließ das FA einen erneuten Änderungsbescheid und rechnete nunmehr aus den Rechnungsbeträgen für die an die A‐GmbH erbrachten Leistungen die Umsatzsteuer heraus. Dementsprechend ergab sich nunmehr eine Umsatzsteuer i.H.v. 55.729,53 EUR und ein auf 27.781,42 EUR verminderter Nachzahlungsbetrag. Die Zinsen wurden auf 0 EUR herabgesetzt. Infolge der Abtretung wurde ein von der A‐GmbH vereinnahmter Zahlungseingang i.H.v. 27.781,42 EUR bereits mit Wirkung zum 26.10.2015 auf dem Steuerkonto der Klägerin verbucht, um die Steuerschuld der Klägerin aus den von ihr an die A‐GmbH erbrachten Leistungen zu tilgen.
Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 17.12.2015 setzte das FA die Umsatzsteuer 2009 im Hinblick auf die unzutreffende Versteuerung als Leistungsempfänger auf 32.321,34 EUR herab, woraus sich zugunsten der Klägerin ein Guthaben i.H.v. 23.408,19 EUR ergab. Dabei setzte das FA Erstattungszinsen i.H.v. 117 EUR fest. Der Änderungsbescheid beruhte auf der fehlenden Steuerschuld der Klägerin aus den Leistungsbezügen für ihre Bauträgertätigkeit.
Gegen die Zinsfestsetzung legte die Klägerin ohne Erfolg Einspruch ein. Demgegenüber gab das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.3.2018, 7 K 7243/16, Haufe-Index 11732228, EFG 2018, 989) der Klage überwiegend statt.
Entscheidung
Im Anschluss an einen das Urteil des FG bestätigenden Gerichtsbescheid stellte das FA Antrag auf mündliche Verhandlung, erließ einen Abhilfebescheid und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Im Rahmen der zur amtlichen Veröffentlichung bestimm...