Dipl.-Finanzwirt Bernhard Paus
Leitsatz
Eine vom Arbeitgeber gezahlte Entschädigung kann auch dann tarifbegünstigt zu versteuern sein, wenn der Arbeitnehmer den Abschluss des Aufhebungsvertrags verlangt hatte.
Sachverhalt
Ein Verwaltungsangestellter hatte seinem Arbeitgeber, der Gemeinde, eine Klage wegen einer ihm bisher verweigerten Höhergruppierung angedroht. Nachdem die Gemeinde anderen Arbeitnehmern, deren Berentung kurz bevor stand, ein Ausscheiden gegen Abfindung angeboten hatte, regte der Kläger bei der Gemeinde eine gleichartige Regelung für sich selbst an, zumal er nur noch ein Jahr bis zum Erreichen der Altersgrenze zu arbeiten hatte. Nach anfänglichem Widerstreben erklärte sich die Gemeinde dazu unter der Voraussetzung bereit, dass der Streit über die Höhergruppierung für erledigt erklärt werde. Die vereinbarte Entschädigung von 36.250 EUR wurde mit dem letzten Monatsgehalt ausgezahlt. Da der Kläger ab seinem Ausscheiden eine Altersrente und eine Betriebsrente bezog, wies er für das Jahr des Ausscheidens ein höheres Einkommen aus als im Vorjahr.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, entgegen der Auffassung des Finanzamts sei eine begünstigte Entschädigung anzunehmen. Zwar sei eine Abfindung nicht begünstigt, wenn der Arbeitnehmer das "schadenstiftende Ereignis" (sein Ausscheiden) selbst herbeigeführt hat. Für die Tarifbegünstigung sehe der Bundesfinanzhof jedoch eine Konfliktlage des Arbeitnehmers als ausreichend an. Diese Voraussetzung sei wegen des Streits mit dem Arbeitgeber über die Höhergruppierung und das (zuerst verweigerte) vorzeitige Ausscheiden als erfüllt anzusehen. Es müsse für die Tarifermäßigung ausreichen, dass die Vertragspartner einen durch beide Konfliktparteien verursachten Interessenkonflikt im Verhandlungswege gelöst hätten.
Für die daneben zu prüfende Frage der Zusammenballung seien auch die Renteneinkünfte einzurechnen, weil der Kläger diese Einkünfte ohne sein vorzeitiges Ausscheiden nicht bezogen hätte.
Hinweis
Man muss es als fraglich ansehen, ob andere Finanzgerichte und ggf. der Bundesfinanzhof die sehr großzügige Auslegung der Voraussetzung der Konfliktsituation übernehmen werden. Ob ein Streit über andere Rechtsfragen, hier die verlangte Höhergruppierung, als ausreichend anzusehen ist, hat der Bundesfinanzhof noch nicht entschieden. Ein Streit über die verlangte Abfindung dürfte kaum als ausreichend anzusehen sein. Unbefriedigend bleibt, dass sich - wie im Urteilsfall - die genauen beiderseitigen Beweggründe für die Vertragsaufhebung kaum zuverlässig feststellen lassen und deshalb für die Vertragsparteien ein oft recht weiter Spielraum besteht, die Gründe für die Vertragsaufhebung steuergünstig darzustellen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 17.03.2017, 1 K 3037/14 E